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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 10.1912

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Heft 12
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Die grosse Kunstausstellung in Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.4707#0628

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DIE GROSSE KUNSTAUSSTELLUNG
IN DRESDEN



resden hat den Ruhm zu er-
ringen gewusst, die besten
deutschen „Grossen Kunstaus-
stellungen" zu organisieren,
seit es in Gotthardt Kuehl einen
der geschicktesten und ent-
schlossensten Ausstellungsleiter
besitzt. Der Charakter der schönen Stadt, die be-
queme Lage, der rege Fremdenverkehr haben die
weitblickenden Ausstellungspläne in entscheidender
Weise unterstützt; und eine Reihe von charakter-
vollen Persönlichkeiten in der Stadtverwaltung und
unter den offiziell berufenen Akademikern haben
es stets verstanden, im wesentlichen einig zu bleiben
und die Sache über die Partei zu stellen. Wenn die
besten intimen Sezesionsausstellungen in Berlin ge-
macht werden, so gebührt Dresden der Vorrang,
wo es sich um die grossen, internationalen, um die
für die Menge berechneten Ausstellungen handelt,
wo neben der Jahresproduktion der überall gleich-
massig unwesentlichen Glaspalastkünstler das Bedeu-
tendste der Zeitkunst in eindrucksvollen Einzel-
werken gezeigt werden soll. München und Düssel-
dorfkommen neben Dresden kaum noch in Betracht.
Wenn die Berliner ein Vorbild suchen, wie sie ihre
Jubiläumsausstellung i o i 2 interessant und würdig
ausgestalten könnten, so mögen sie es nur in Dresden
studieren, in der Ausstellung dieses Jahres, die das
soeben allgemein Gesagte in jeder Weise bestätigt.
Die Dresdener Ausstellungen betonen stets mit
besonderem Nachdruck die dekorative und monu-
mentale Kunst. Nach dieser Richtung hat sich schon
eine Tradition entwickelt. Architektur, Kunst-
gewerbe, Monumentalmalerei und Monumental-
skulptur stehen im Mittelpunkt des Interesses,
umsomehr, als ein grosser Ausstellungspalast, der
zwar nichts weniger als schön oder zweckmässig,
aber doch raumgross ist und der durch Einbauten
den besonderen Zwecken nutzbar gemacht werden
kann, dieser Neigung Vorschub leistet. Auch die
Ausstellung dieses Jahres gilt im wesentlichen wieder
der Monumentalkunst, wobei ihr zugute gekommen
ist, dass die moderne Kunst neuerdings entschieden
wieder zum Monumentalen und Dekorativen gravi-
tiert.

Es sind zum Theil sehr schöne Wirkungen da-
durch erzielt worden, dass die Ausstellungsleiter nicht

die Mühe gescheut haben, für grosse Wandbilder in
den hohen Hallen Einbauten herzustellen und Archi-
tekturgliederungen zu schaffen, in denen die Male-
reien nun erst die richtige Wirkung thun. Sie sehen
aus wie in die Wände eingelassen, wie auf die Wände
gemalt. Die Bilder Hodlers, zum Beispiel, können
in Dresden erst ganz verstanden werden. Wirken
schon die beiden panoramaartigen Kolossalbilder
„Alpenaufstieg" und „Alpenabstieg" in dieser Form
sehr günstig, so haben die kleineren Wandbilder
wie die Figur der Soldaten mit dem Tornister aus
dem Jenenser Universitätsbild, wie das „entzückte
"Weib", die sitzende weibliche Figur und der früher
gemalte „Dialogun intim" geradezu etwas Hin-
reissendes. Sie sitzen in den grossen glatten Wand-
flächen wie wundervoll leuchtende Juwelen, sie
glänzen so von Kraft und Zartheit, es klingen ihre
Formen und Farben so poetisch edel, dass einem
die Möglichkeiten einer modernen Wandmalerei
grosser Art in einer neuen Weise vor Augen treten.
Die monumentalen Bilder von Egger-Lienzhaben
mehr äussere als innere Grösse. Sie sind zu sehr
profan „michelangelesk." Man denkt vergleichend
an die Arbeiten des Berliners Waldschmidt und
wittert darüber hinaus mit Unbehagen Lust am
Allegorischen. Eine „Obstlese" Amiets wirkt so
in der Wand etwas kunstgewerblich emailleartig,
und Boehles „Lebensalter" sind im Stileklekti-
zismus stecken geblieben. Ausgezeichnet, viel besser
als seinerzeit bei Paul Cassirer im engen Raum
und nahe aneinandergerückt, wirkt in Dresden
das Triptychon „Golgatha" von Lovis Corinth. Es
ist eine Ruhe und farbige Grösse in dem Werk,
die man bei Corinth in diesem Maasse nie gesucht
hat. Noch viele andere Bilder wirken durch die
gute Placierung mit doppelter Kraft: die Frauen-
gruppe von E. R. Weiss, das ländliche Fest Carl
Larssons, Otto Hettners „Niobiden", Kurt Fuchs
„Pfingstfreude", Max Buris schweizer Bauernbilder
und Stucks zwar unselbständig empfundene aber
kunstgewerblich vorzüglich gekonnten dekorativen
Friese. Freilich fehlt neben diesen und vielen ande-
ren Wirkungen guter Art auch nicht das Banale und
Schlechte. Ein Raum mit Wandbildern von Hermann
Prell ist schlimm; und zwei Kabinette mit Wand-
malereien Max Klingers sind entschieden eine Ver-
irrung. In einem besonderen Raum zeigt Klimt eine

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