EINE STEPPENFAHRT
VON
ERNST BARLACH
MIT DREIZEHN ORIGINALLITHOGRAPHIEN ERNST BARLACHS
ie Gelegenheit, ein
Stück russischer Step-
pe zu sehen, ergab
sich am Anfang eines
stürmischsonnigen
Herbstes bei einer
Reise insDonezgebiet
Südrusslands, ein Ge-
biet, an dem der
•^0 Deutsche auf Schritt
und Tritt den Deut-
schen an der Arbeit
findet als modernen Schatzgräber, Goldmacher
oder Eisenfürsten und wo, müde vom Anblick
dieses ungeheuren Industrie-Werktages, derselbe
Deutsche sich an der Luft der guten alten Zeit
und an ihrer Gemächlichkeit laben kann, wenn
er die in dieses Gebiet, besonders im Süden,
eingesprengten Schwabenniederlassungen besuchen
will, wo ihm dann die beste bäuerliche Rück-
ständigkeit in der Erhaltenheit aller Stilkostbar-
keit und alter Zeit gemässen Geistes entgegen-
haucht.
Mein Ziel war diesmal die Steppe allein. In
Charkow nahmen wir abends den Moskauer Zug,
der bis nach Rostow geht, und gelangten um drei
Uhr morgens nach Kramatorowka, eine Zeit, um
die es von den warmen Schlafpolstern des Wagens
ein verdriessliches Scheiden war. Einige Stunden
musste man in der Stickluft des Warteraums aus-
harren und mit vielen auf Stühlen und Bänken
Schlafenden die von früheren Schläfern verdorbene
Luft beschwerlich atmen; als es dann hell wurde,
stiegen wir bei kaltem Sturmwind unterm Grau
des bedeckten Himmels auf die nächste Erhöhung
dieses hier mit Kalk überall durchs spärliche Kraut
weissschimmernden Landes.
Das ist nun die Steppe; einen ähnlichen Bau
des Landes hatte ich auf der Fahrt nach Bjelgorod,
nördlich von Charkow, schon gesehen, nur ist hier
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VON
ERNST BARLACH
MIT DREIZEHN ORIGINALLITHOGRAPHIEN ERNST BARLACHS
ie Gelegenheit, ein
Stück russischer Step-
pe zu sehen, ergab
sich am Anfang eines
stürmischsonnigen
Herbstes bei einer
Reise insDonezgebiet
Südrusslands, ein Ge-
biet, an dem der
•^0 Deutsche auf Schritt
und Tritt den Deut-
schen an der Arbeit
findet als modernen Schatzgräber, Goldmacher
oder Eisenfürsten und wo, müde vom Anblick
dieses ungeheuren Industrie-Werktages, derselbe
Deutsche sich an der Luft der guten alten Zeit
und an ihrer Gemächlichkeit laben kann, wenn
er die in dieses Gebiet, besonders im Süden,
eingesprengten Schwabenniederlassungen besuchen
will, wo ihm dann die beste bäuerliche Rück-
ständigkeit in der Erhaltenheit aller Stilkostbar-
keit und alter Zeit gemässen Geistes entgegen-
haucht.
Mein Ziel war diesmal die Steppe allein. In
Charkow nahmen wir abends den Moskauer Zug,
der bis nach Rostow geht, und gelangten um drei
Uhr morgens nach Kramatorowka, eine Zeit, um
die es von den warmen Schlafpolstern des Wagens
ein verdriessliches Scheiden war. Einige Stunden
musste man in der Stickluft des Warteraums aus-
harren und mit vielen auf Stühlen und Bänken
Schlafenden die von früheren Schläfern verdorbene
Luft beschwerlich atmen; als es dann hell wurde,
stiegen wir bei kaltem Sturmwind unterm Grau
des bedeckten Himmels auf die nächste Erhöhung
dieses hier mit Kalk überall durchs spärliche Kraut
weissschimmernden Landes.
Das ist nun die Steppe; einen ähnlichen Bau
des Landes hatte ich auf der Fahrt nach Bjelgorod,
nördlich von Charkow, schon gesehen, nur ist hier
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