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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 11.1913

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Heft 1
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Scheffler, Karl: Heinrich Tessenow
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https://doi.org/10.11588/diglit.4713#0053

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Allgemeinheit als vernünftig, notwendig und schön
erschien. Es giebt an den alten Gebäuden gar
nichts Besonderes zu sehen: glatte Putzwände, ein
schräges Ziegeldach, rechteckige Fenster- und Thor-
öffnungen, flache, zart profilierte Gesimse und zu-
weilen ein zaghaft gräzisierendes Ornament. Aber
es haben diese Häuser eine Seele; sie haben in ihrer
stillen Weise die bleibende Gültigkeit und das
ewige Leben, weil die Harmonie ihrer Massen eine
Empfindung berührt, die in Worte gekleidet etwa
lautet: es muss so sein.

den architektonischen Künsten, der die Lebenden
seit bald zwei Jahrzehnten nun zusehen. Heute
lassen sich die Resultate der vom Kunstgewerbe
ausgehenden, in der Baukunst ausmündenden Ar-
beit schon ziemlich deutlich übersehen. Und da
zeigt sich nun, dass in der verhältnismässig kurzen
Zeit schon alles fast gethan ist, was sich mit gutem
Willen redlicher Sachlichkeit, Einsicht und kuhner
Neuerungslust thun lässt, dass jedoch jenes Eine,
wozu neben aller Einsicht und Vernunft, eine
naive'Begabung für das Musikalische der Kunst

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HEINRICH TESSENOW, FREISTEHENDES ARBEITERHAUS IN HELLERAU

Nachdem Jahrzehnte eines bei so reger Bau-
thätigkeit nie erlebten Tiefstandes der Archi-
tektur verflossen waren, hat sich das Ge-
wissen der Zeit wieder geregt. Es ist zuerst einer
kleinen Vorkämpfergruppe und sodann einer grös-
seren Gemeinde zu Bewusstsein gekommen, in
welch ungeheurer Unordnung die grossstädtisch
gewordene Architektur sich befindet, und es hat
sich ein leidenschaftlicher Wille zur Reform nach
praktischer Arbeit umgesehen. Das Ergebnis dieser
Selbstbesinnung ist jene bedeutende Bewegung in

gehört, noch nicht wieder gelungen ist. Von
Seiten der Baugesinnung wissen die Neuerer sehr
oft zu überzeugen, von Seiten der reinen Form aber
überzeugen sie nur selten. Sie sind an die Bauauf-
gaben logisch-ethisch herangegangen, haben Grund-
sätze der Sachlichkeit, der Einfachheit, der Zweck-
mässigkeit, der Materialechtheit und auch der
Formbehandlung verkündet und angewandt und
haben sich dem Wollen nach neben die Baumeister
der guten alten Zeiten gestellt. Der Sinn für
Maass und Verhältnis, für das Musikalische der

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