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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 11.1913

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Heft 1
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4713#0083

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CHRONIK

SEZESSION - REICKE
Die Sezession, die zueist in der Angelegenheit
Reicke den rechten Ton getroffen hatte, hat in der
Folge leider an Haltung sehr verloren. Sie hat den
Bürgermeister durch einen Rechtsanwalt fortgesetzt um
eine Ehrenerklärung ersuchen lassen und ihn, dessen
Situation schon recht peinlich wurde, damit in die Rolle
eines grossmütig Gewährenden oder streng Versagenden
fast hineingenötigt. Dass der Bürgermeister Reicke,
— dem wir etwas vom Geiste Cäsars wünschten, weil
er dann vorziehen würde, in einer Provinzstadt der
Erste zu sein, anstatt in der Hauptstadt immer nur der
Zweite, — in solcher Rolle eine besondere Selbst-
zufriedenheit zeigen würde, war vorauszusehen. Die
ganze Angelegenheit liegt jetzt so übel wie möglich.
Für den Bürgermeister hätte es nur zwei Möglichkeiten
geben dürfen: entweder er erklärte, er hielte die Leiter
der Sezession in der That für ^sensationslüsterne" Ge-
schäftsleute, oder er wählte den bequemen Diplomaten-
weg zu sagen, er hätte natürlich nur Picasso & Co. ge-
meint. Statt dessen hat er eine lange Erklärung in der
Vossischen Zeitung erscheinen lassen, wie sie etwa ein
mittelmässiger Provinzredakteur ausarbeiten würde, der
eine Sache gern beilegen, sich aber auch nicht bloss-
stellen möchte. Die Ratlosigkeit der Sezession ist dieser
bürgermeisterlichen Journalistenpolitik (Reicke nennt
das: die deutsche Sprache beherrschen) dann zustatten

gekommen. Warum die Sezession so eifrig um eine
Ehrenerklärung sich bemüht, ist nicht einzusehen. Sie
braucht doch nicht das Wohlwollen der Stadt Berlin.
Die für Ankäufe von der Kunstdeputation bestimm-
ten 6000 M. dürfen als Motiv nicht gelten. Die
Situation war so klar wie möglich. Die Sezession war
von einem Bürgermeister der Reichshauptstadt ohne
Anlass und ohne Recht gröblich beleidigt; sie brauchte
nur in abweisender Ruhe zu warten und der Beleidiger
hätte eines Tages volle Genugthuung geben müssen.
Statt dessen hat sie wieder einmal eine vielköpfige
„Diplomatie" getrieben und ihre Trümpfe ohne Grund
aus der Hand gegeben. Es zeigt sich immer deutlicher,
dass die Sezession auseinanderfällt, wenn sie sich nicht
selbst bald einen Direktor giebt, der solche Dinge ohne
die dem Künstlernaturell nun einmal eigentümlichen
Temperamentsschwankungen zu erledigen weiss.

EIN KONSERVATOR FÜR BERLIN

Es ist an dieser Stelle schon oft die Rede gewesen
von den Gefahren der Demolierung, denen die alten
Architekturen in Berlin ausgesetzt sind. Um dieser
Gefahr entgegenzuwirken, sollte die Stadt eine Instanz
schaffen, deren Aufgabe es wäre, genau orientiert zu
sein und rechtzeitig Vorbeugungsmassregeln empfehlen
zu können; sie sollte einen Konservator anstellen mit
konkreter Machtbefugnis. Zu solchem Posten würde

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