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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 11.1913

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Heft 3
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Kunstausstellungen
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Auktionsnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.4713#0189

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MAX LIEBERMANNS HAUPTMANNBILDNIS

n dem Augenblick, wo in Deutsch-
land der fünfzigste Geburtstag Gerhart
Hauptmanns gefeiert wird, hat Lieber-
mann ein Bildnis des Dichters, für die
Hamburger Kunsthalle bestimmt, voll-
endet. Die besondere Publikation an dieser Stelle
ist durch das doppelte Interesse für eine neue Arbeit
des Malers und für eine glaubhafte Darstellung des
Dichters gerechtfertigt. Es erscheint wichtig, dass
Hauptmann nicht nur nach Photographien be-
urteilt wird, auf denen er dem Bilde Goethes an-
genähert erscheint, sondern dass man ihn auch so
kennen lernt, wie der beste und rücksichtsloseste
Männerporträtist desheutigenDeutschlands ihn sieht.
Man kann Lichtwark Glück wünschen zu seinem
Auftrag; denn es ist dieser Hauptmann eines der
bestenBildnisseLiebermanns geworden. Wie immer,
wenn er vor geistig bedeutenden Männern als Por-
trätist steht, hat der Maler sich energisch zusammen-
gerafft und sein Können konzentriert. Er giebt
einen wahren Hauptmann, nicht einen künstlich er-
höhten, nicht einen „schönen" Hauptmann; schön ist
in dem Bilde die Malerei, ist das Leben der Fläche,
der Zeichnung und der Farbe. Hauptmann erscheint
natürlich auch auf diesem Bild als eine vornehm
schöne Erscheinung, als ein blonder und schlanker
Mann — ebendieser Eindruck der Blondheit und
hohen Schlankheit ist besonders glücklich getroffen
— mit rein gezeichnetem Profil, aristokratischem
Knochenbau und formenreicher Kopfplastik; da-
neben ist aber auch das Zerknitterte innerhalb der
grossen Anlage, das Weiche bei aller Bestimmtheit

nicht verschwiegen. Liebermann hat diesem Kopf
in überzeugender Weise kleine Beobachteraugen
gegeben, nicht grosse Herrscheraugen; er hat die
Bedingtheiten mitgemalt.

Dass die Malerei, wenn das Psychologische mit
nervöser Aufrichtigkeit so gut getroffen ist, auch
künstlerisch technisch betrachtet gut sein muss, ver-
steht sich von selbst. Denn Gestaltung und Tech-
nik, menschliche und artistische Empfindung decken
sich bei jedem guten Kunstwerk. Auch dieses Porträt
ist, wie in der Regel bei Liebermann, mit der Farbe
gezeichnet. Mit raffinierter Einfachheit, unter Be-
nutzung der ersten Kohlestriche und des Leinwand-
tons ist der Kopf im Licht atmosphärisch weich und
bestimmt zugleich modelliert. Er dominiert in einer
diskreten Weise und wird von dem mit feiner
Richtigkeit gegebenen Ton des Gewandes schön ge-
tragen. Das Bildnis ist rasch und kühn; das Ent-
scheidende ist wahrscheinlich in einer einzigen er-
regten Sitzung heruntergemalt. Dadurch hat es die
Frische und Unmittelbarkeit, die vor allem die
Liebermannschen Skizzen auszeichnen und wirkt,
dem Format und dem Grad der Durchführung nach,
doch wie ein Biid. Liebermann hat die Einsicht
gehabt im rechten Augenblick aufzuhören, des Aus-
spruchs eingedenk, dass ein Kunstwerk vollendet
sei, wenn der Künstler alles darin zum Ausdruck
gebracht hätte, was er ausdrücken wollte. Was Lieber-
mann in diesem Bildnis ausdrücken wollte, wird
vielleicht die berauschten Hauptmannschwärmer
nicht befriedigen; die Nachwelt aber wird seiner
Deutung dieses Dichterkopfes recht geben. K. Seh.



BÜKTIONSNACHRICHTE N

BERLIN
In den Tageszeitungen ist zu
lesen, die Londoner Kunsthändler-
firma Colnaghi, Obach &: Co. habe
die Sammlung Heseltine für 200000 $ (4000000 Mk.) an
sich gebracht. Die PreiszifFer wird unrichtig sein (die
richtige Ziffer wird in solchen Fällen gewöhnlich nicht
bekannt), wahr ist, daß etwa öoo Zeichnungen alter
Meister, der Kern der Sammlung Heseltine, auf den
Markt kommen. Dies ist ein wichtiges Ereignis, da die
Sammlung sehr schön ist, und da es mit Sammlungen

dieser Art in Privathänden zu Ende geht. Abgesehen
von dem Besitze des Duke of Devonshire giebts nun
überhaupt keine umfangreiche und bedeutende Privat-
sammlung von Zeichnungen airer Meister mehr in
England nachdem die Sammlungen Malcolm, Mitchell,
F. Murray, Salting aufgelöst, verkauft oder in öffent-
lichen Besitz übergegangen sind.

J. P. Heseltine ist ein englischer Kaufmann, der
jetzt an die siebenzig sein mag und sein ganzes Leben
lang mit Passion und Begabung Kunstwerke an sich
gebracht hat, Zeichnungen mit besonderer Neigung

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