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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 11.1913

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Heft 6
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NEUE BÜCHER

Hein rieh Bulle: Der schöne Mensch imAlter-
tum. Eine Geschichte des Körperideals bei Ägyptern,
Orientalen und Griechen. 3 20 Tafeln. 2 10 Abbildungen
im Text. Band I der von E. Hirth herausgegebenen
Serie „Der Stil". — 2. Auflage. München und Leipzig
1912.

Wer seinen Abbildungsbedarf bei antiker Skulptur
mit dem ersten Bande des „Schönen Menschen" zu decken
gewohnt war, musste über die jetzt endlich vorliegende
zweite Auflage des Werkes erstaunt sein. So sehr ist sie
erweitert und verändert worden. Die wenigen belang-
losen Tafeln sind ausgemerzt worden, dafür ist eine
grosse Reihe wichtiger neuhinzugekommen. Ammeisten
aber hat sich der Text gewandelt. Er ist zu einer Ge-
schichte der formalen Probleme der antiken Figuren-
darstellung geworden. Nicht mehr nur zu jeder Tafel
sind die nötigen archäologischen und kunsthistorischen
Bemerkungen gemacht, sondern den Hauptgruppen
gehen kurze aber sehr inhaltsreiche Kapitel voraus,
in denen der Verfasser die Entwicklung schildert,
welche die Gestaltung des
jedesmaligen formalen
Motivs genommen hat —
zum Beispiel die Dar-
stellung des nackten, ru-
henden männlichen Kör-
pers, der gelagerten, der
sitzenden, der angelehn-
ten Figur, derbekleideten,
der nackten Frau und des
Kindes. Auf diese Weise
kann der, der es ernst
nimmt, wirklich in den
Geist der antiken Plastik
eingeführt werden, und
seit dem Schaffen des ver-
storbenen Dänen Julius
Lange, des gleichfalls früh
verstorbenen BerlinerPro-
fessors August Kalkmann
und des ebenfalls in der
Blüte der Jahre dahinge-
gangenen Furtwängler, -
die alle in dieser Richtung
arbeiteten — hat ja das
Verständnis antiker Skulp-
tur tatsächlich grosse Fort-
schritte gemacht. Hierbei
ist das Bullesche Werk
schon in seiner ersten
Fassung ein hervorragen-

ALTER SAMMETTEPPICH AUS KLEINASIEN
SAMMLUNG VON SCHMIDTHALS BEI R. LEPKE, BERLIN

337

der Mitarbeiter gewesen, nur wegen seines so instruk-
tiven Planes. Die zweite Fassung wird es wegen des
weiteren Ausgreifens der Ideen in noch höherem Maasse
werden, zumal da diese Ideen sich nicht auf die rein
formale Betrachtung beschränken, sondern auch die
menschliche Seite betonen, indem die seelische Verfas-
sung der Menschen und Völker, welche diese Kunst ge-
schaffen haben, skizziert wird.

Dass man sich bei Bulles Einleitungen und Anmer-
kungen auf wissenschaftlich durchaus gesichertem Boden
befindet, bedarf keines Hinweises, sein Name bürgt da-
für. Gewiss sind manche Einzelheiten heute immer noch
strittig, und mancher Gelehrte wird im Einzelfall andrer
Ansicht sein. Aber, es scheint nach allem, dass in den
weitaus meisten Fällen sich die von Bulle vertretene
Auffassung immer mehr und mehr Bahn brechen wird.
Die Figur von Subiaco ist doch wohl sicher spätarchaisch
und nicht hellenistisch, und der Ostgiebel von Olympia
ist gewiss nicht so schlecht, wie er neuerdings hingestellt
wurde. Und beruhigend ist die Meinung, dass die

Nike von Olympia schon
um die Mitte des fünften
Jahrhunderts entstanden
sei. In allen Fällen wird
man finden, dass bei Bulle
das Künstlerische eines
Werkes entscheidender
angesehen wird als irgend-
welche historische oder
philologische Hypothese.
Deshalb hat der Kunst-
freund Vertrauen zu die-
sem Buche. Es langweilt
einen nie, sondern giebt
einem bei diesen alten,
oft totgesagten Trümmern
die Dinge, die unsere Zeit
braucht und sucht das
künstlerisch Lebendige.

Das Abbildungsmate-
rial ist so gut wie es den
Umständen und dem
Preise nach sein kann, fast
immerlagen guteVorlagen
zugrunde (nur die Medusa
Ludovisi sollte man heute
nicht mehr mit ihrem ehe-
maligen Medaillonhinter-
grund reproduzieren). Als
sehr verdienstlich sei an-
gemerkt, dass endlich
 
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