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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 11.1913

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Heft 8
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4713#0443
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durch sein zeitweiliges Wirken in Wien mit Österreich
verbundenen deutschen Künstlers, um Anselm Feuer-
bachs Bildnis seiner Stiefmutter Henriette Feuerbach.
Wenn der österreichische Staatsgalerieverein, in steter
Übereinstimmung mit dem Direktor der Galerie, auch
fürderhin so weiter arbeitet, wie er begonnen hat, wird
er binnen kurzem ein überaus fruchtbarer und wich-
tiger Faktor des Wiener öffentlichen Kunstlebens sein.

Die Sezession als Gesamtgebilde ist merklich gealtert.
Um zu vermehrter Kraft und erneuter Bedeutung zu
gelangen, bedarf sie der Zufuhr frischer Säfte. Dies
haben ihre Leiter vermutlich erkannt und deshalb die
„Ausstellung der jungen Künstlerschaft Österreichs"
veranstaltet. Ich bezweifle, dass sich aus dieser Assen-
tierung die richtigen Rekruten für sie ergeben, weil es
in der Kunst nicht auf die Menge der Mannschaft an-
kommt. In diesem Lager ist die künstlerische Zukunft
Österreichs nicht. Die Jury hat Fehler gemacht. Sie
hat allzu schulmeisterlich bei der Auswahl zu viel Rück-
sicht auf das „technische Können" genommen, von dem
Trugschluss abhängig, dass Kunst von Können kommt.
Künstler sollten jedoch genauer zwischen Kunst und
Schöpfung unterscheiden und stets dieser den Vorzug
geben. Die Sezession hätte den handwerklich tüch-
tigen Strebsamen gegenüber den „wunderlichen Schwär-
mern" den Vorzug geben sollen, weil der Schwärmer
ein „Reich" erobern, der Streber aber nur ein Amt,
einen Titel, einen „Erfolg" erreichen will, und weil
der Hass gegen den Schwärmer meistens nichts anderes
als der Neid des Strebers ist. Sie hätte Arbeiten
jener Jungen zeigen müssen, die auf einem schwanken
Brett über einem Abgrund von Hass und Hohn zwischen
Gelächter und Leid balancieren. So kam es, dass in die-
ser Ausstellung, die einer erweiterten Schulausstellung
der Akademie fatal glich, gerade die Jungen fehlten,
die in München, Dresden uud Köln den Beweis dafür
erbrachten, dass Österreich, von dem ein deutscher
Kritiker sagte, es habe nur Kultur, aber keine Kunst, doch
noch schöpferische Künstler besitzt.

Genussreicher waren die Veranstaltungen der Galerie
Miethke. Die Expressionistenausstellung vermittelte den
Wienern die Bekanntschaft mit Georg Kars, Andre Lhote,
van Dongen, Pablo Picasso, Georg Tappert, Josef Bato,
Max Pechstein, Adolf Erbslöh, W. Kandinsky, A. Jaw-
lensky, Moritz Melzer, F. v. Knapitsch und Erich Klos-
sowski. Von den Wiener Malern beteiligten sich an
dieser Ausstellung Oskar Kokoschka und Tony Faistauer.
Über die Gemälde von Manet, Renoir, van Gogh und
Cezanne, die bei gleicher Gelegenheit zu sehen waren,
ist nichts anderes mehr zu sagen, als dass sie zu den be-

rühmten Werken derMeister zählen, dielängst schonihre
Würdigung in der Kunstgeschichte fanden. - Die näch-
ste Ausstellung in der Galerie Miethke zeigte die Samm-
lung des Wiener Kunstfreundes Dr. Oskar Reichel. Sie
umfasst einen grossen Teil des Lebenswerkes von Anton
Romako (1834—1889), der ein Zufrühgekommener war
und sich von der Nachwelt den Ruhm erzwingt, den
ihm seine Mitwelt versagte. Daneben enthält die Samm-
lung unter andern ein grandioses Selbstbildnis van Goghs,
ein Frauenbildnis von Toulouse-Lautrec, eine Sumpf-
landschaft von Pettenkofen, das Porträt Richard Wag-
ners von Renoir, eine Vision Fernand Khnopffs, ein
stimmungsschweres Bild Edvard Munchs, ein Stilleben
und eine Landschaft von Tony Faistauer, ein Damen-
porträt von P. Gütersloh, rigurale Bilder von Egon Schiele
und das Bildnis des Dichters Heinrich Mann von Max
Oppenheimer.

Im Kunstsalon Heller waren die Eisengussreliefs des
Königl. Württemberg. Hüttenwerkes Wasseralfingen zu
sehen, über die das 11. Heft des vorigen Jahrgangs dieser
Zeitschrift einen informierenden Beitrag enthält.

A. R—r.

MANNHEIM
Geheimer Kommerzienrat Dr. Karl Reiss und Fräu-
lein Anna Reiss haben eine Verfügung getroffen, wo-
nach ihr ganzes mehrere Millionen betragendes Vermö-
gen der Mannheimer Kunstpflege dienen soll. Zwei
Häuser sollen errichtet werden, eines am Friedrichsplatz,
dessen Erbauung durch ein Garantieabkommen mit der
Stadtgemeinde vorgesehen ist, und ein zweites, später
zu errichtendes, auf dem Goetheplatz. Das Haus am
Friedrichsplatz ist gedacht als Kunstsammlungsgebäude
und soll gleichzeitig die jetzt noch vorhandene Lücke
in der Architektur dieses Hauptplatzes der Stadt schlies-
sen. Das Haus auf dem Goetheplatz wird eine Heim-
stätte werden zur allgemeinen Anregung durchLiteratur,
Musik und bildende Kunst.

BERLIN
Das Kaiser Friedrich-Museum hat als Geschenk ein
sehr schönes kleines Bild von Adam Elsheimer: „Der
heilige Christoph", erhalten. Das Bild ist auf Kupfer
gemalt und sehr hell und sonnig in der Stimmung. Wun-
dervoll ist die Zeichnung der Figurengruppe und die
Komposition der Landschaft. Bode schreibt in den
Amtlichen Berichten: „Vor einem Bild wie diesem wird
die Bewunderung verständlich, welche Elsheimers Zeit-
genossen für seine Kunst hatten, vor allem die Ver-
ehrung, die Rubens für ihn hegte".

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