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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 11.1913

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Heft 11
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Pauli, Gustav: David im Petit Palais
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https://doi.org/10.11588/diglit.4713#0560

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Strich erfüllt sind, entfernt
er sich von David. Hier
geht die Strenge der Schule
eine sehr eigentümliche
und bezaubernde Verbin-
dung mit gallischer Anmut
ein, das Pedantische steht
neben dem Sinnlichen, das
Glühende neben dem Kalten
und artig vermummt unter
Vatermördern und hohen
Halsbinden kehren die kaum
verscheuchten Liebesgötter
des Dixhuiticme in ihre
Heimat zurück. Auf der
Odaliske ist die Architektur
des Hintergrundes fast allzu
säuberlich mit reichlicher
Verwendung des Lineals
vollendet. Davor aber ent-
faltet die sinnliche Laune
ein verführerisch schönes
Linienspiel in zwei jungen
Frauenleibern. Überhaupt
ist die lebendige Schönheit
der Linie, welche die Natur-
form beherrscht, während
sie ihr zu dienen vorgiebt,
von keinem Maler so ge-
fühlt worden wie von In-
gres. Von diesem Leben
sprühen alle seine Zeich-
nungen, deren man hier
einige zu sehen bekommt,
die den Hunger nach mehr
Beginn eines neuen Kapitels der Kunstgeschichte erwecken, dies Leben spricht aus den feinen stillen
bezeichnet. Ingres war als einer der späten Schüler Gesichtszügen des Malers Granet und spielt launig
Davids schon durch den Geist seiner Generation so in den Falten seines Mantels und seiner schwarzen
weit von dem Meister getrennt, dass er vor der Kravatte. —

Versuchung der unmittelbaren Nachahmung be- Vom Grössten hält es schwer den Weg zur

wahrt blieb. Die allgemeine Richtung auf Klarheit, Würdigung des tüchtigen Niveaus zurückzufinden.
Grösse und Einfachheit erfüllt er mit einer anderen Noch vieles Vortreffliche enthält die Ausstellung:
Gesinnung, mit einer neuen Interpretation des fran- gute Bildnisse von Gaufrier, Pingret, Duval le Ca-
zösischen Geistes. Denn Ingres ist einer der natio- mus, Girodet, La Neuville, feine Interieurbilder von
nalsten Meister Frankreichs. Am ehesten berührt Rioult und Granet, zwei namentlich in ihrer Be-
er sich mit David in jener Sphäre der akademisch leuchtung kühn komponierte Historienbilder aus
abstrakten Form, in der wir uns am wenigsten wohl der Revolution vom jüngeren Fragonard und für
fühlen. In jenen Bildern und Zeichnungen, die ihm Liebhaber von Süssigkeiten die Miniaturen von
ganz allein gehören, weil sie von seiner Phantasie, Jean Baptiste Isabey. Doch wir wollten nicht auf-
seinem Behagen, seiner individuellen Kraft in jedem zählen, sondern uns des Besten erinnern.

F. J. NAVEZ, DIE FAMILIE DE IIEMPTINNE

BRÜSSEL, MUSEUM

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