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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 12.1914

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Heft 7
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Alten, Wilken von: Die internationale Ausstellung in der Bremer Kunsthalle
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https://doi.org/10.11588/diglit.4753#0431

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KARL HOFER, IM WIND
AUSGESTELLT IN DER BREMER KUNSTHALLE

Röslers Bilder machen, die sich neuerdings an Cezanne
anzuschliessen scheinen, ohne jedoch dessen letzte Pro-
bleme zu erfassen.

Den Vorläufern der neuesten Kunstbestrebungen
muss — nach den Franzosen, unter denen in dieser Be-
ziehung ja zweifellos Cezanne der erste Platz gebührt
— Munch zugezählt werden, der hier mit sechs Bildern
vertreten ist. Seine Linie, der schon als solcher, losgelöst
von aller Objektbezeichnung — suggestive Stärke des
Ausdruckes eigner, ist namentlich in seinem „stehenden
Manne" und in den „Kindern auf der Brücke" zu be-
obachten. Dieses Bild ist überhaupt wohl das befrie-
digendste der ausgestellten, die sonst durch ihre wenig
angenehmen Farben und die ungleiche Intensität in der
Behandlung zeigen, dass die Grösse Munchs ganz ent-
schieden nicht in seiner Malerei sondern in seiner Graphik
zu suchen ist.

Von grösstem Interesse sind die Bilder Karl Hofers,
der durch mehrere seiner neueren Schöpfungen ver-
treten ist. Die bedeutsamsten Probleme, die sich aus
der Konfiguration von Akten miteinander und im
Räume ergeben, sind zu lösen versucht. Besonders ge-

lungen scheint mir die Zusammenfügung
zweier Akte in dem „im Wind" benann-
ten Werke. Die gleichen Vorzüge seines
ungemein feinen Empfindens für den Zu-
sammenklang der Linien zeigt sein „Tie-
ger". In den „Tänzerinnen" ist das Bild-
problem durch den Versuch den drei-
dimensionalen Raum zu einer Einheit zu
gestalten erweitert.

Eine Gruppe für sich bilden die Schwei-
zer mitHodler an der Spitze, der die Sonne
ist, von der alle die anderen in erschrecken-
der Unselbständigkeit ihr Licht empfangen.
Hodlers grosse Komposition „Der Tag" —
Besitzerin Frau Kowarzik in Frankfurt —
giebt das von ihm schon in mehreren Re-
daktionen gebrachte Motiv nackter Frauen
in verschiedenen Stadien des Erwachens.
Man bewundert die Intensität des Sehens,
die den Kontur wie Stahl erklingen lässr,
die Fähigkeit, das Allgemeingültige spre-
chen zu lassen, das Zufällige zu unter-
drücken, mit einem Worte monumen-
tale Akte zu gestalten. Aber man kann
nicht übersehen, dass die Figuren für sich
allein stehen, dass ein gemeinsamer Bild-
raum nicht erzielt, wohl auch nicht ge-
wollt ist. Was zwischen den Akten liegt,
ist nicht Atmosphäre der Figuren durch
sie bedingt und sie bedingend, sondern oft
nur eine magere ornamentierende Flächen-
füllung, die in einer andern Welt zu leben
scheint. Die monumentalen Werte Hodlers
werden immer im Wandbilde aber auch
nur dort zum Wirken kommen, wobei es aber von
Wichtigkeit ist, sich zu vergegenwärtigen, wie viel
umfassender die Forderungen sind, die beispielsweise
Marees für die Monumentalmalerei aufstellte. Meh-
rere Landschaften, unter denen die „Stockhornkette"
durch ihre hohe Qualität hervorragt und ein Frauen-
kopf ergänzen den Eindruck des Hodlerschen Schaffens.
Von der neuesten Pariser Kunst, und den ähnlich
gerichteten Bestrebungen in Deutschland werden einige
Proben gezeigt. Am interessantesten sind unzweifel-
haft die Bilder und Zeichnungen des vielumstrittenen
Pablo Picasso, die grösstenteils aus dem Besitz des Herrn
Suermondt stammen. Ein früher Harlekinkopf, sehr
zart und ungemein geschmackvoll gemalt, zeigt deut-
liche Anklänge an Cezanne. Altmeisterlich monumental
wirken seine Zeichnungen namentlich die, eines „schrei-
tenden Pferdes". „Der Schreibtisch" und der „Pont
neuf" gehören der späteren Entwicklung des Künstlers
an, in der auf jede Wiedergabe klar erkennbarer Natur-
objekte - die übrigens trotzdem auch diesen Bildern
zu Grunde liegen — verzichtet wird. Es ist nur noch
ein höchst reizvolles Spiel malerisch sehr raffiniert be-

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