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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 12.1914

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Heft 12
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Uhde-Bernays, Hermann: Dantans plastische Karikaturen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4753#0703

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JEAN PIERRE DANTAN, DER HERZOG VON GLOUCESTER IM GESPRÄCH MIT HERZOG
E. A. VON CUMBERLAND

PARETZ, SCHLOSS

DANTANS PLASTISCHE KARIKATUREN

VON

HERMANN UHDE-BERNAYS

Paris im Frühling 1836. Ein kalter, regnerischer
April, dessen Unbehaglichkeit uns Grillparzers
französisches Tagebuch berichtet: am 1. Mai, dem
festlich begangenen Namenstage des Bürgerkönigs
Louis Philippe, zerstört eine wahre Sintflut die Lust-
barkeiten der Champs-Elysees. Aussichtslos jede
Hoffnung auf Besserung des Wetters wie auf Rück-
kehr des legitimen Königtums. Der unüberwind-
liche Konservativimus der Pariser findet die geliebten
alten Zustände auch im neuen Regime und hat zu
weiterem Revolutionieren keinen Anlass. Es gährt
nur in Literatur, Musik und Kunst. Dem sieht die
Allgemeinheit ziemlich interesselos zu. Die strenge
Zensur,die eben dasWeitererscheinen der„Caricature"
verboten hat, beobachtet die gefährlichen Witz-
blätter, welche den Typ des roi calotte mit Zwiebel-
kopf und Regenschirm serienweise rangab wärts
nachbilden, erst Minister, dann Abgeordnete, nun
die Literatur. Üble Laune und Nüchternheit allent-
halben, aus der Sue vielleicht auch deswegen popu-
lär wird, weil seine „mysteres" die Regennachmittage
vertreiben ohne geistige Arbeit zu verlangen. Graue

Langeweile in allen Theatern, trotz mancher Sen-
sation, Hugos „LucreziaBorgia'c,Meyerbeers„Huge-
notten". Selbst für Bouffe, die Elsler und Thalberg
klingt der Beifall schwächer. Ein junger Ungar,
Liszt, bezaubert die Damen, aber tritt öffentlich nur
selten auf. Que faire — so lautet die Frage im
Restaurant, in der Passage, im Foyer. Wird doch
der Louvre eben ausgeräumt für die nahende Kunst-
ausstellung, und zum doppeltgehörnten Bison im
Jardin des plantes kann man doch nicht immer
gehen. Que faire — so klagen mit den Habitues
der Weltstadt besonders die Fremden, unter denen
sich eben, noch etwas misstrauisch freilich vor den
angeblichen demokratischen Allüren der Pariser, die
vornehmen Engländer wieder einstellen, die aus
politischen Gründen einige Jahre weggeblieben
waren.

Die Fremden haben sich damals am meisten
gelangweilt. Wir können uns die knochige Figur des
englischen Lords im Pariser Hotel vorstellen, wie
er auf der bronzierten Pendule mit der Freiheits-
göttin über der Weltkugel die Stunden abzählt und

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