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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 1
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Schäfer, Emil: Kriegsentschädigung in Kunstwerken
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0052

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TIZIAN, CEREMOMENBILD. ANTWERPEN, MUSEUM

Stadt Venedig" leuchtete bis zum Jahre 1797 von
der Decke der „sala de' Dieci" im Dogenpalaste
hernieder. Damals beraubte Napoleon die alternde
Meergebieterin des letzten Scheines von Macht,
seine Soldaten zerrten ihr „Porträt« aus seinem
Prunkrahmen und schleppten es als Siegesbeute nach
Paris. Sollen wir es nun aus Brüssel nach Deutsch-
land bringen? In einen bestimmten Raum herein-
komponiert, wird dieses Gemälde in keinem Mu-
seum der Welt, sondern einzig und allein an der
Stelle, für die es geschaffen wurde, jene Wirkung
üben können, die seinem Wert entspricht. Es wäre
ebensosehr ein Akt politischer Klugheit wie der
Gerechtigkeit in Kunstdingen, wenn Deutschland
Paolos Deckenfresko der Stadt Venedig als Geschenk

überlassen möchte. ,

Und jetzt zu den Herrlichkeiten, an die der
Kunstfreund zuerst beim Klang des Namens
Belgien denkt. Da sollten wir uns das Beste

vom Guten sichern: Jan van Eycks Wunder-
werke aus den Museen Brügges und Ant-
werpens, die Brüsseler Grablegung von Petrus
Cristus, das Antwerpener Triptychon „Die sieben
Sacramente" selbst wenn es kein ganz eigenhändiges
Werk des Rogier van der Weyden sein sollte, und
endlich eine „Kreuzigung" des Brüsseler Museums,
die ebenfalls bis vor kurzem Rogiers Namen trug.
Und die Werke des Hans Memling zu Brügge?
Nein! Die zarte Mystik des Ursula-Schreines könnte
kaum irgendwo anders so mächtig an unsere Seele
rühren wie im Dämmerdunkel des stillen Johannes-
Hospitales. Diese Stätte soll uns ein Tabu sein;
aber nach seinen Bildnissen des Ehepaars Moreel
in Brüssel können wir ruhig unsere Hand
ausstrecken und sein erhabenes Triptychon im
Antwerpener Museum, das uns Christus zeigt, um-
strahlt von Himmelsglorie, umschart von Engeln,
deren choralhaft feierliches Singen, deren Harfen

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