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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 2
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Schröder, Bruno: Griechische Originale im alten Museum zu Berlin, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0092

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BEKRÖNUNG EINES GRABMALS
ENDE DES FÜNFTEN JAHRHUNDERTS V. CHR.

GRIECHISCHE ORIGINALE

IM ALTEN MUSEUM ZU BERLIN

VON

BRUNO SCHRÖDER

II

Die Stele von Karystos (Seite i 3 ) zeigt dann jenen
harmonischen Ausgleich zwischen Idealität und
Natur den wir als klassische Kunst bezeichnen und
gern mit dem Namen des Phidias in Verbindung
bringen. Die weiche Verblasenheit der Oberflache
wird erst derVerwitterungverdankt,ebensodergold-
blondeTon, der den Stein patiniert hat. Der Mann ist
weder zu gross für den engen Rahmen, noch steht
er allzufrei im Luftraum; in vollkommener Schön-
heit, als Ideal des athenischen Bürgers, in unwirk-

licher Entblössung, nur mit einem Mantel angethan,
dessen Falten sich von zeichnerischer Vereinfachung
und Nachahmung des Modells gleich weit entfernt
halten, so steht er da, wie im Gespräch, mit ge-
fälliger Gebärde die Hand erhebend. Gewiss war
die Stele das Werk eines der Künstler, die zwischen
der Kunst der grossen Meister und dem Kunsthand-
werk vermittelten. Von dem blühenden Gewerbe
der Grabsteinkünstler, die es nicht nötig hatten,
herrschendem Ungeschmack eine neue „Friedhofs-

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