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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 2
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Schröder, Bruno: Griechische Originale im alten Museum zu Berlin, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0097

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die Bewegung des Fahrens in den geschüttelten
Gewandfalten und in dem geblähten Schleier aus-
gedrückt, den die Göttin mit verlegener Handbe-
wegung festhält. Ein Weihgeschenk ist endlich das
Bild einer Tänzerin (Seite i o). Tänze aufzuführen
war bei vielen Götterfesten üblich, und wer am
zierlichsten tanzte, wurde wie ein Athlet oder wie
ein Dichter mit einem Preise bedacht. Der Preis-
gekrönte hält dann das Andenken an diese Aus-
zeichnung durch eine Weihung lebendig — so stif-
tet der Dichter etwa den ihm als Preis verliehenen
Dreifuss, der Athlet ein Bild seiner selbst, das ihn
in der Fülle seiner körperlichen Kraft und Schön-
heit zeigt, so die Tänzerin ein Abbild ihrer Anmut.
Auf den Zehenspitzen hüpft das Mädchen, die Arme
machen nach dem Takt der Musik altertümlich zier-
liche Bewegungen, auf dem Haupt trägt sie einen
altmodischen Kopfputz, der nur an solchen Festen
nach dem Herkommen getragen wurde; auch das
kurze Gewand entspricht dem dargestellten Vor-
gang; solch kurzer Kittel kleidet Läuferinnen und
Tänzerinnen, so erscheint er auch an der Statue der

sogenannten Wettläuferin im Vatikan, der Weihung
einer Tänzerin gleich unserem Relief.

Wenn das Wort „antikes Relief" genannt wird,
wird mancher zunächst an plastische Wandver-
zierung oder den Schmuck an Metopen und Friesen
der griechischen Tempel denken. Das Schicksal hat
jedoch von solchen Werken wenig erhalten und
auch das Berliner Museum hat nur ein paar Platten
von einem Tempelfries, die nach einer geistreichen
Vermutung von dem kleinen Tempel am Ilissos bei
Athen stammen. Ein Frauenraub, also eine Ge-
schichte aus der griechischen Vorzeit, ist in einer
Weise dargestellt, die gerade zwischen der Grösse
der vorpolygnotischen Malerei und der Freiheit der
Phidiasischen Epoche die Mitte hält; ein Werk,
das sich den bisher behandelten gleichwertig an-
schliesst, als ein Zeugnis mehr für den treff-
sicheren Geschmack und Schönheitssinn, die Phan-
tasie und die technische Meisterschaft, die immer
neuen Stilforderungen gerecht wird und restlos
ausspricht, was die Künstlerseele des Griechen er-
füllt.

LÄNDLICHES HEILIGTUM. BRUCHSTÜCK. SPÄTGRIECHISCH
 
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