Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

DOI Heft:
Heft 4
DOI Artikel:
Waldmann, Emil: Krieg und Schlacht in der Kunst, [2]
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0174

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
der Flankierungswerke, und die Einführung
der Perpcndikularkasematten gehen aufseine
Vorschläge zurück. Von geradezu grund-
legender Bedeutung wurde sein System der
Polygonaltrace, das erst im neunzehnten Jahr-
hundert Geltung erlangte, sowie der gleich-
falls erst in unserer Zeit verwirklichte Ge-
danke der Fortbefestigung, der Dürer bei
seinem Vorschlag, runde Forts zu bauen,
leitete.

Im Zusammenhang mit diesen rein prak-
tischen Studien und Arbeiten, gleichsam als
Illustration für sie, sind dann die einzigen
Kriegsdarstellungen zu verstehen, die wir
von Dürers Hand besitzen, der Holzschnitt
der „Belagerung einer Festung" (B. 137)
aus dem Jahre 1 527, in dem er höchst an-
schaulich klar macht, wie er sich das ge-
dacht hat, und die im Berliner Kupferstich-
kabinet aufbewahrte Federzeichnung der
„Beschiessung Hohenaspcrgs durch Georg
von Frundsberg 1 5 19", die Dürer im gleichen
Jahre verewigte. Seine berühmte Radierung
der grossen Kanone (1518) legt Zeugnis
ab für sein grosses Interesse für die Artillerie.
Aber das Blatt ist eine rein künstlerische
Darstellung geworden, er zog aus um seines
Vaters Eselin, die Kanone, zu suchen und
fand ein Königreich die herrliche

deutsche Landschaft.

Die grossen Künstler, instinktiv besorgt
um ihre Freiheit gegenüber den Bedingt-
heiten des Stoffes, haben, wenn sie zeit-
genössische Schlachten darstellen sollten,
die Frage des Kostüms gewalttätig be-
handelt, und sich in das Altertum hinüber
gerettet, das für sie zeitlos war, oder sich ein
Phantasiekostüm zurechtgemacht, so, wie sie es
brauchen konnten, so Lionardo, so Tizian. Geister
kleineren Wuchses sind gern den entgegengesetzten
Weg gegangen: Wenn Altdorfer die Schlacht bei
Arbela* darstellt und Melchior Feselen die Belage-
rung von Alesia, so stecken sie die antiken Krieger
in die Uniformen des sechzehnten Jahrhunderts und
geben dem Stoff hunger und der Schaulust ihrer Zeit-
genossen reichliche Nahrung mit der Entfaltung
der so phantastischen Kriegstracht ihrer Epoche.
Aber Schlachtenbilder im künstlerischen Sinne sind
ihnen nicht geglückt; sie geben ein malerisch reiz-

* Das Bild schmückte eine Zeit lang Napoleons I. Badezim-
mer in Fontainebleau.

E. DEL

ACROIX: LA GEECE EXPIRANT SUE LES RU1NES DE MISSOLONGHI

DRESDEN, SAMMLUNG SCHMITZ

volles Durcheinander gedrängter Soldatenhaufen,
wobei sie kompositionell doch weit unter der sach-
lichen Klarheit von Dürers Belagerungsholzschnitt
bleiben, von dem sie beide spürbar angeregt sind.
Im übrigen hat auch im Norden erst der Barock
das wahre Kriegsbild geschaffen.

Man wird sich nie über die Frage einigen
können, inwieweit für die Entwicklung des Barock-
stils im Norden der Dreissigjährige Krieg von be-
stimmender Bedeutung gewesen sei. Es läge so
nahe, zu glauben, weil die ganze Zeit so über alle
Maassen kriegerisch erregt war, sei nun auch der
Hauptcharakterzug der Kunst ein kriegerischer,
angreiferischer geworden, und so, wie sich im
Krieg alle Leidenschaften entfesselten, so habe sich

155
 
Annotationen