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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 5
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Bauer, Robert: Wilhelm Altheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0250

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an das Gemälde: „Heiliger mit Bär", das überhaupt
einen Markstein in Altheims Schaffen bildet. Ferner
an die in Italien entstandenen Bilder.

Und doch ist die Kunst Altheims frankfurte-
risch. Das will schon etwas heissen. Denn es ist
gar nicht mehr leicht, die richtige Eigenart dieser
Stadt anno 1914 herauszufinden. Die derbe herbe
Eigenart, wie sie in Altheims Menschen, in den von
ihm herausgegriffenen und individualisierten Typen

Da ist Wilhelm Altheim zu Hause; dort sucht
und findet er unter Gärtnern, Landarbeitern, Knech-
ten die Menschen, die er zeichnet. Trotzig, eigen-
sinnig, dickköpfig, ungeschlacht und immer schart
charakterisiert. Aber nie in die Manier geratend.
Er hat nicht nur den streitsüchtigen Fuhrmann,
sondern auch den pfiffigen Kleinhändler und den
schlichten Landarbeiter gezeichnet. Manches Mal
stärkste Charakteristik in der Zeichnung, die fast

WILHELM ALTHEIM, BAUER MIT PFERDEN

hervortritt, wie sie heute noch mehr fast im
„Sachsenhäuser" als im Frankfurter der Innenstadt
sich aufbewahrt hat.

Denn Frankfurt ist heute preussische Provinz-
stadt, berlinisierte Grossstadt geworden, und die
eigene Physiognomie der alten freien Stadt am Main
schwindet mehr und mehr. Das Frankfurt aus den
den Zeiten des Bürgerkapitäns und Adolf Stoltzes
ist vorbei. Nur in den Vorstädten, an der Peri-
pherie, in Sachsenhausen, Heddernheim, Echers-
heim, wo sich die Häuserviertel noch hie und da
mit dem offenen Feld kreuzen und berühren, bleibt
der Charakter und Dialekt des alten Frankfurt noch
zurück. Und auch da mehr bei den niederen als
den höheren Schichten der Bevölkerung.

an Menzel erinnert; dann wieder träumend, mild,
deutsch-poetisch, ein Zug zur Romantik.

Altheim ist als Zeichner nicht „modern".
Sein Strich ist sicher und gewandt wie der Buschs.
Selten ein Versagen des zeichnerischen Vermögens
vor dem Gegenstand.

In seinen Zeichnungen (in Tusche, Blei, Kohle
und Buntstift) und Radierungen ist Sicherheit und
Ruhe. Jene Sicherheit und Ruhe im künstlerischen
Werk, die er im Leben nicht gefunden hat. Ein
anderer hätte an seiner Stelle mehr aus sich gemacht,
er will es nicht, kann es nicht. Deutsch und —
frankfurterisch ist seine Kunst, rauh wie sein Schick-
sal, aber ehrlich, und umrankt von der blauen Blume
der Romantik.

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