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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 9
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Elias, Julius: Liebermann - Corinth
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0439

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sich aufhellte und verdurchsichtigte, wie die Farbe,
nach Abstreifung letzter Kreidigkeiten oder Trüb-
heiten wahrhaft schön wurde, schimmernd und
glänzend, voll temperiertem Rhythmus.

Liebermann hat es sich nicht leicht gemacht,
und auch den anderen nicht, die ihn durch die Hem-
mungen und Überwindungen seines Künstlerwan-
dels begleiteten. Jeder Spätling will heute seinen
Liebermann entdeckt haben und glaubt, die paar

heit; denn im Wie seiner Darstellung hat Lieber-
mann stets die äusserste Note gesucht, und die
brachte ihm Schönheit. (Ein Original von Kritiker
drückte das Ding einmal so aus: „Le peintre a ra-
masse un exerement et il nous donne une fleur".)
Und ferner, was den „Naturalisten" betrifft: setzen
sich drei gleichgeartete Begabungen hin, denselben
Flusslauf oder dieselbe Kathedrale oder dasselbe
Motiv von blühenden Fruchtbäumen zu malen, in

MAX LIEBERMANN, SCHWEINEKOBEN.

BESITZER: BRUNO CASIRER, BERLIN

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Kritiker der Avantgarde zurechtweisen zu können
mit billigen Formulierungen, die nur offene Thüren
einrennen. Da verkündet jemand: andere hätten
nur die Wahrheit in Liebermanns Werk gefunden,
er aber sage uns, dass es die Schönheit sei, die das
Werk dieses Meisters ausmache. Als ob es noch
einen Menschen auf der Welt gäbe, der Liebermann
für einen „Naturalisten" hält. Wir haben einst
gesagt: Liebermann ist die Wahrheit; aber wo ihr
daran Hässlichkeit seht, da sehen wir nur Schön-

der Absicht, die Natur genau zu kopieren, so werden
dennoch drei ganz verschiedene Bilder entstehen:
der Maler giebt eben nicht die Natur wieder,
sondern seine Vision von der Natur; am farbigen
Abglanz hat er das Leben, seine Persönlichkeit
schreibt sich ins Bild. Das sind alte, zur Banalität
gediehene Sprüchlein aus unsern grünenden Tagen.
Doch ihre Wiederholung liegt nahe, weil heute der
Versuch gemacht wird, mit Wortgold umgeprägte
Trivialitäten als neue Münze in Umlauf zu setzen.

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