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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 10
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Bock, Elfried: Die Geschichte eines Volksbuches
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0481

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Beeinflussung des Menzel-
schenlllustrationsstiles durch
Vernets Werk, die immer
behauptet wird mit dem Zu-
satz, dass er sein Vorbild
weit übertreffen habe, hat
bei der äusserlichen Ähnlich-
keit ihr Bewenden. Das fran-
zösische Buch war eine brave
Durchschnittsleistung der
Pariser Illustrationskunst der
dreissiger Jahre, nichts Besse-
res. Menzel aber kannte,
wie aus seinen Briefen er-
sichtlich, auch die besten
Leistungen, die das voran-
gegangene Jahrzehnt ge-
bracht hatte, genau. Die
Werke mit Holzschnitten
nach Bertall (Balzacs„Vie conjugale", Paris ohneJahr),
Johannot („Don Quichotte", 1836/$ 7, „Paul et Vir-
ginie", 18 ^ 8, und andere),Gigoux(„Gil Blas" 1855)
und nach Daumier („Le Prisme", „Les Francais chez
eux", Labordes „Versailles", und andere), um nur
einige zu nennen, stehen in Zeichnung und Schnitt
weit über derVernetschen Leistung. Es schien den
Technikern gelungen zu sein, mancherlei von der per-
sönlichen Färbung des Zeichenstiles im Holzschnitt
zu bewahren. Man begreift, dass Menzel bei den
so erfahrenen Pariser (und Londoner) Holzschnei-
dern ein verständnisvolleres Eingehen auf seine
eigene Art und seine Ansprüche voraussetzte, als
bei den Deutschen, die nichts Ähnliches zeigen
konnten. Hier gab die Gubitzschule noch den Ton
an, die ihrerseits aus der Schule des guten Unger
hervorgegangen war. Menzel übersah deren Art
wohl genau. Was ihn misstrauisch machen musste,
war ihre geringe — weit hinter der der Pariser
zurückstehende — Geschmeidigkeit gegen das ge-
zeichnete Vorbild. Bei allem Geschick und Schön-
heiten im Einzelfall litten ihre Holzschnitte an einer

KÖNIG FRIEDRICH AM LAGERFEUER

weichlichen Behaglichkeit,
die dem ganzen deutschen
Holzschnittwerk jener Zeit
ein gemeinsames Gepräge
giebt, an einer summari-
schen Technik, die dazu
neigte, die Schärfe der Vor-
zeichnungen in zusammen-
hängende Linien und Kurven
aufzulösen, so dass der ganze
deutsche Holzschnitt jener
Zeit den Tod jeder zeichne-
rischen Individualität zu-
gunsten der rückständigen
Schneidetechnik bedeutete.
Einen nahm Menzel aus,
Gubitz' Schüler Unzelmann,
dem er sogar dieQualität des
Künstlers zuerkannte. Die
gerade in Arbeit befindlichen Holzschnitte zu Schle-
mihl, nach Menzels Federzeichnung, sind ein feines
Beispiel für dessen überlegenes Können. Aber seine
künstlerische Herkunft verleugnete auch er darin
nicht. Es ist begreiflich, dass angesichts einer so
selbstzufriedenen Handhabung der Holzschneide-
technik gerade die deutschen Zeichner, die als Buch-
illustratoren Eigenes hätten geben können — ich
nenne nur Adolph Schrödter und Theodor Hose-
mann — der Radierung und Lithographie den Vor-
zug gaben, die ihnen die Mitarbeit fremder Hände
ersparten.

Unzelmann war gerade durch die Arbeit an
Menzels Zeichnnng „Der Tod des Franz von Sik-
kingen zu Landstuhl" beschäftigt. Ein einzelner fiel
auch bei den umfangreichen Arbeiten nicht schwer
ins Gewicht. Mit Kretzschmar machte Menzel gleich
zu Anfang eine üble Erfahrung, und den andern
traute er wohl noch viel weniger. So bekamen die
Pariser Holzschneider den Löwenanteil des Auftrags.
Andrew, Best & Leloir ist der Name der Hauptfirma,
die auch für das Vernetbuch gearbeitet hatte.

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KÖNIG FRIEDRICH REITET Z.UR BRÜCKE VON LISSA

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