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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 10
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Bock, Elfried: Die Geschichte eines Volksbuches
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0484

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Das Resultat war nie-
derschmetternd. Von einem
Eingehen auf seine zeichne-
rische Individualität war
keine Spur zu sehen. Bei
manchen der Holzschnitte
zu Anfang des Kugler er-
scheint das Eigene des
Künstlers so im herge-
brachten Gleichmass der
Technik verschwunden,
dass sie ohne aufzufallen
auch in VernetsBuch stehen
könnten. Nun erfuhr er
auch Näheres über den
mechanischen Handwerks-
betrieb in Paris, wo die

Haupt- und Nebenarbeiten am einzelnen Stock unter
verschiedene Hände aufgeteilt, wie sie eben auf diese
oder jene Spezialität eingeteufelt waren. Eine stil-
getreue Übersetzung durch künstlerisches Nach-
schaffen war bei dieser Gepflogenheit allerdings
nicht zu erwarten.

Das Ergebnis war so trostlos, dass mancher
wohl die Lust an der Arbeit verloren hätte. Viel-
leicht würde sich auch Menzel bei einem erträg-
lichen Mittelmass beschieden haben. Auf Ungleich-
heiten und Misslungenes war er wohl gefasst ge-
wesen. „Es ist eben auch unvermeidlich, dass, wo
viele Menschen nötig sind, auch was verhunzt wird."
Beim Empfang der ersten Schnitte war er aber völlig
verstört. Und die Pariser reizten seine Empfindlich-
keit obendrein mit einer „vorenthaltlichen Vor-
nehmthuerei", so dass seine anfangs wohl mass-
vollen Einsprüche
eine höchst stache-
lige, zuweilen unge-
heuer grobe Form an-
nahmen. Diese Pro-
testbriefe an seinen
Verleger, die bis zum
Schlüsse der Arbeit
sichwiederholen,sind
wohl heute ergötz-
lich zu lesen — sie
spiegeln so getreu das
hemmungslose Tem-
perament des Künst-
lers — ihm aber war
es bitterer Ernst.

„Denen Mon-

NÄCHTLICHER KAMPF IN HOCHKIRCH

DER TOD DES GENERALS KEITH

sieurs . . . bitte ich, von
meinetwegen wissen zu
lassen, dass ich mir eine
solche schlingelhafte Miss-
handlung meiner Zeich-
nungen ein, für alle mahl
verbitte. Nun die Herren
die Bestellung haben, mei-
nen sie wohl, lüderlich ar-
beiten zu dürfen? Was nützt
meine Liebe und mein Stu-
dium, die ich an die Sache
wende, wenn sie in solcher
Gestalt vor das Auge der
Welt treten."

Er nahm den Kampf
auf. Zahlreiche Schnitte
der Pariser „Schweinschneider" wies er einfach
zurück. „Wie oft habe ich schon denselben Gegen-
stand zweimal gezeichnet, weil er das erstemal in
unachtsame oder ungeschickte Klauen gerathen
war." Die erträglichen Drucke Hess er nicht eher
passieren, bis seine eingehenden Korrekturen, die
er mit saftigen Grobheiten spickte, genau befolgt
waren. Wenn er trotz seiner hohen Ansprüche
eine Anzahl so dürftiger Schnitte durchgehen Hess,
wie sie in den ersten Lieferungen des Werkes, ver-
einzelt auch in späteren, zu sehen sind, so muss es
um die verworfenen allerdings traurig bestellt ge-
wesen sein. Da er wenig Hoffnung hatte, die Pariser
Holzschneider in seinem Sinne zu beeinflussen, die
dem Reizbaren gar noch mit überlegener Gutmütig-
keit Elementarunterricht im Holzschnittzeichnen zu
erteilen versuchten, so setzte er es durch, dass

künftig seine Zeich-
nungen mit weni-
gen Ausnahmen in
Deutschland ge-

schnitten wurden.
Hier konnte er den
Fortgang der Arbeit
persönlich überwa-
chen, und von dem,
was er mit unermüd-
lichem Anspornen,
Belehren, Verbessern
erreichte,davon giebt
das Buch, wie es vor
uns liegt, Rechen-
schaft. Auch hier
gab es Kämpfe. Man-

M

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