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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 10
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0514

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und Wertvolle auf sich wirken und giebt seine Erleb-
nisse anschaulich wieder. Oft zieht er andere ferne
Länder und Menschen zum Vergleich heran, stellt aber
an Land und Leute keine Ansprüche und sucht keine
europäischen Dinge in Griechenland, sondern er nimmt
das Land, wie es einmal ist. Von Dingen des Altertums
zu reden vermeidet er mit Recht, denn wo ers doch
thut, kann ihm der Archäologe nicht immer zustimmen.
Im übrigen zeigt manch gutes Wort, manche geistvolle
und paradoxe Wendung den kultivierten Kopf. Die
Darstellung wird gegen den Schluss hin immer erfreu-
licher, zumal die Schilderung des Ausflugs nach den
Strophaden ist lebendig und wohl gelungen.

Das Buch heisst im Untertitel „Versuch künstleri-
schen Erdbeschreibens". Darin ist das Interesse an-
gedeutet, das Verfasser an der geologischen Beschaffen-
heit des Landes nimmt. Er vertritt die Meinung:
„Wissenschaftliches und künstlerisches Erkennen sind
nicht so weit von einander entfernt, wie platte Wissen-
schaftler und tolle Künstler uns glauben machen
möchten." „Schauen ist mehr als Wissen, aber durch
Wissen geläutertes und vertieftes Schauen ist göttlich."
„Wie werden die Landschaften für den zugleich Wissen-
den und Schauenden reich." „Die Wissenschaft hat
in ihrer Anschauungsweise vom ursächlichen Werden
der Dinge und Formen einer Landschaft ein so gross-
artiges Mittel der Vereinfachung des Blicks geschafFen,
wie die Kunst es sich nur wünschen kann. Insbesondere
die Wortkunst . . ." Also die Wissenschaft erleichtert
dem Künstler, der Künstler den Laien die Arbeit des
Auffassens und Ordnens. Der Verfasser rührt damit an
ein wichtiges Problem und leistet als Geologe ähnliches,
wie es Strassburger als Botaniker in seinen nicht
streng wissenschaftlichen Schriften geleistet hat. Nach
meinen persönlichen Erfahrungen kann ich ihm nur zu-
stimmen. Gewiss — Naturkunde macht keinen Land-

schafter, Anatomie keinen Plastiker, doch wird die Hilfe
dieser Disziplinen und das Wissen um die Gründe der Er-
scheinungen nur von einer Zeit verschmäht werden, der
nur die Erscheinung als künstlerisch wertvoll gilt.
Indessen ist das Wesentliche hierüber kürzer, treffender
und besser längst von dem grossen Ratgeber gesagt und
bei Eckermann in dem Gespräch vom 21. Dezember
183 1 nachzulesen.

Gern würde man an dem beigefügten Bilderbuch
die Probe machen, wie weit die hier ausgesprochenen
und in der schriftlichen Darstellung angewandten Theo-
rien sich beim Produzieren landschaftlicher Bilder be-
währten. Doch lässt die Urheberin dieser Bilder durch
den Verfasser eine so bescheidene Meinung über diese
Leistungen äussern, dass auch wir sie nur als Illustra-
tionen nehmen und ihre Mängel dem Druckverfahren
zuschreiben wollen.

Der Verfasser versichert zum Schluss, er habe ein
schönes Buch schreiben wollen. Diese Absicht wäre ihm
auch ganz gelungen, wenn er die Gefühle des Lesers
nicht immer von neuem durch sprachliche Unarten
verletzte, von denen ich als Warner eine kleine Aus-
wahl ausschreibe: „unter dem Zwecke der Schönheit,
Bergleute statt Bergbewohner, zerklafft statt zer-
klüftet, zuletzt zubest, stähle statt stöhle, ich halte
alle blos schönen Bilder vom Übel." Das mögen
Nachlässigkeiten sein; aber seit wann sagt man ausse
im Telegramm: „ich umwerte, zugesellen sich, nun
zutrifft das Sonderbare, ich vorbereite mich, auf-
tauchen die Eilande."? Seit wann vor allem sagt ein
Schriftsteller, der etwas auf sich hält: „über es, in es,
auf es, durch es" statt darüber, hinein, darauf und da-
durch?? Das ist Zeitungsdeutsch und nicht umsonst in
Morgensterns Geschichte von dem Huhn in seiner ganzen
Scheusslichkeit biossgestellt worden.

B. Schröder.

LISTE EINGEGANGENER BÜCHER

Hermann Jaques, Paris. Eine Erinnerung und
eine Hoffnung. München, Goltz Verlag 1914.

Die Verhältnisse des menschlichen Körpers
nach dem Goldenen Schnitt, von Emil Baeuerle, Verlag
von Seemann & Co., Leipzig.

Die Kunstkritik, ihre Geschichte und Theorie.

Von Albert Dresdner. I. Die Entstehung der Kunst-
kritik. München 1915, F. Bruckmann A.-G.

Haug-Mappe. Kriegsbilder von Einst, heraus-
gegeben vom Kunstwart-Verlag Georg D. W. Callwey,
München.

Rhythmus, Kunst, Natur von Oswald Herzog.
Selbstverlag des Verfassers. Berlin-Steglitz.

DREIZEHNTER JAHRGANG. ZEHNTES HEFT. REDAKTIONSSCHLUSS AM 12. JUNI. AUSGABE AM I. JULI NEUNZEHNHUNDERTFÜNFZEHN
REDAKTION: KARL SCHEFFLER, BERLIN; VERLAG VON BRUNO CASSIRER IN BERLIN. GEDRUCKT IN DER OFFIZIN

VON W. DRUGULIN ZU LEIPZIG
 
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