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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 11
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Voll, Karl: Graf Franz Pocci: ein Illustrator aus dem Biedermeier
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0541

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Recht bezeichnend ist in dieser Hinsicht, dass
das Beste, was die mehr dichterische Kunst der
Süddeutschen, die in klarem oft für sie ungün-
stigen Gegensatz zu dem positiven und viel mehr
rein künstlerischen Stil von dem dort schon thä-
tigen Adolf Menzel steht, vieles von ihrem Besten
in Kinderbüchern leistete, in jenen heute so sel-
tenen Büchlein, die wir jetzt wieder sammeln und
die wir vor allem lieben gelernt haben. Bezeich-

viel Spiel und Thätigkeit der Intelligenz und über-
reichliche durch die vielseitige Kultur bedingte
Nebenabsicht. Dafür sind aber Kinder besonders
empfindlich. Wenn man aus der Literatur eine
Parallele heranziehen darf, so ist es kaum frag-
lich, dass Brentanos „Gockel, Hinkel und Gacke-
leia" in seiner Grundidee ein Märchen von emi-
nentem Reiz für die Kinder ist. Aber in seiner
Ausführung ist es durch die Art, wie Brentano die

FRANZ POCCI, BILDNIS DES ARCHIVARS VON ÖFELE. ZEICHNUNG

nend ist aber auch, dass wenigstens heute das
Verständnis der Kinder für diese Illustrationen
meistens recht gering ist. So sehr unsere Kleinen
sich an Poccis heiteren Schriften, vor allem an
seinen in der That sehr vergnüglichen Kasperl-
komödien erfreuen, so wenig Sinn scheinen sie
für die Mehrzahl seiner Illustrationen zu haben.
Der Grund für diese merkwürdige Erscheinung
liegt wohl in der oben angeführten Thatsache,
dass eine echte Naivität nicht die Sache der Ro-
mantiker gewesen ist. In ihren Werken lag zu

einfache Geschichte mit unzähligen Wortspielen
und heute selbst einem Erwachsenen nicht mehr
verständlichen Anspielungen übersponnen hat, doch
alles andre eher als für Lektüre durch Kinder ge-
eignet. So schlimm ist es bei Pocci nicht, aber
ähnlich.

Wenn nun auch diese Büchlein in ihrer Mehr-
zahl den Zweck nicht mehr erfüllen, für den
sie bestimmt waren, so darf die oben aufgestellte
Behauptung, dass Poccis Kinderbücher zu seinen
besten Werken zählen, doch aufrecht erhalten wer-

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