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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 12
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Schröder, Bruno: Griechische Gewandstatuen im alten Museum zu Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0574

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HERA. KOPJE NACH MARMOR. FÜNFTES JAHRHUNDERT
V. CHR. ABB. 3.

Haartracht, will in jeder Linie etwas Neues:
Natur in der ungezwungenen Stellung des Körpers,
in dem alltäglichen Motiv, in der dorischen Tracht,
deren künstlerische Eigenschaft in den breiten
Flächen und tiefen Falten gefunden wird. Ver-
schwunden sind die zierlichen Treppenfalten und
Schwalbenschwänze, die bunte Musterung und das
absichtvolle Zeigen des Körpers, der hier nur soweit
angedeutet wird, dass wir das Gefühl für den Orga-
nismus, der das Gewand trägt, nicht verlieren. Es
ist dasselbe Empfinden, das sich in der Stele des
Mädchens mit dem Schmuckkästchen (Kunst und
Künstler XIII. Nr. I Seite 14) und manchen Mar-
morstatuen ausprägt, zum Beispiel in der Demeter
von Cherchel, von der das Berliner Museum eine
stark verballhornte Kopie (Nr. 83) besitzt. Aber
auch die Berliner Hera vertritt dasselbe Prinzip, mit
den breiten Steilfalten des Rocks und der flächigen

GOTTIN. KOPIE NACH BRONZE. FÜNFTES JAHRHUNDERT
V. CHR. ABU. 4.

Auffassung des Überschlags vor der Brust. (Abb. 3).
Auch der weite Mantel, den die griechische Frau
auf der Strasse trug, führte mit seinem stärkeren
Gewebe zur künstlerischen Erfassung der grossen
Faltenzüge und breiten Flächen, sowohl, wenn er
lose umgeworfen die Gestalt einhüllt (Abb.4) oder
von dem eingestützten Arm gerafft die jugend-
liche Schlankheit der Gestalt wahrt (Abb. 5), wie,
wenn er auf einer Schulter genestelt, den Rumpf
bedeckt (Abb. 6). In den beiden zuerst genannten
Fällen wird man bemerken, wie geschickt die
Künstler die Faltenzüge führen und sich klug auf
das Nötigste beschränken, wie sie den besonderen
Charakter der Bronze ausnutzen, die sich für grosse
dunkle Flächen und spiegelnde Grate eignet und
wie sie es verstehen, auf diese Weise Klarheit und
System, immer nach dem Mass des Körpers, in die
ungeformte Masse zu bringen.

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