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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 12
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Friedländer, Max J.: Slevogts Cellini
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0592

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in dem scharfen und schwarzen Satzbild ausnehmen,
so dass die Ausscheidung der Illustration auch
ästhetisch begründet erscheint. Geniesst man Sle-
vogts Kunst in den vortrefflichen Drucken der
Vorzugsausgabe, so fehlt die organische Verbin-
dung mit dem Text, und mangelt die Verständlich-
keit.

Den kleinen Übelstand müssen wir hinnehmen
und uns damit trösten, dass der Illustrator nicht
willkürlich zur Technik der Pinsellithographie ge-
griffen hat.

Man glaube ja nicht, dass der Steindruck, weil
er beweglich und schmiegsam ist, keinen Charakter
besitze und nichts sei als Spiegelung jeglicher Art
von Zeichnung. Slevogt hat lange genug mit dem
Steindrucke gelebt, um den Zwang, den er, wie jede
Technik, auf eine feinfühlige Begabung übt, tief zu
spüren. Seine Blätter sind wirklich Lithographien,
konzipiert im Sinne dieser Technik, wenn auch von
andrer Art als diejenigen Goyas, Daumiers, Whistlers
oder sonst irgendeines Meisters. Gewiss — die Per-
sönlichkeit bestimmt den Stil, aber die Technik

wirkt mit sanftem Drucke nach der Seite ihrer be-
sonderen Möglichkeiten. Und von den Cellini-
Vignetten lässt sich sagen — was das entscheidende
Lob ist, — dass dieses huschende und schwebende
Spiel in keinem anderen Verfahren erreichbar sei.
Auf natürlichem Wege kam der Illustrator, der nicht
aufhörte, Maler zu sein, gerade zu dieser Art von
Steindruck, zur Tuschlithographie.

Slevogts Leistung kann als Bestätigung der opti-
mistischen Historiker Weisheit genommen werden,
dass der Steindruck, der um i 800 erfunden wurde,
zur Zeit kam, wie die Schabkunst im siebzehnten
Jahrhundert, dass er für eine neue Art des Sehens ein
neues Mittel bot. Die kümmerlichen handwerklichen
Anfänge des Steindrucks in Deutschland lassen diese
Bedeutung kaum ahnen. Der einzige grosse Maler
aber in jenen Tagen, Goya, griff sofort zu, und seit

1830 etwa haben die Maler sich im Steindruck
glücklicher ausgesprochen als in der Radierung,
der die vornehme Vergangenheit namentlich in dem
konservativen England Bevorzugung sicherte.

Was den Maler zu dem Cellini-Buche zog, war
nicht dasselbe, was Goethe lockte, die Mühe der
Übersetzung an die Selbstbiographie des Gold-
schmiedes zu wenden. Goethe erinnerte sich mit
Behagen Italiens, der Städte, des Landes, das er ge-
nossen hatte, und die Kunstperiode wurde ihm leben-
dig. Ihn erfreute die Persönlichkeit Cellinis mit dem
unbändigen Trotz und der kühnen Lebensführung.
Er sah, wenn auch kein Dichtwerk von Rang, so
doch poetische Motive in dem Buche, betrachtete den
Text aber auch als Kulturhistoriker und Kunsthisto-
riker. Diese universelle Vereinigung von Interessen,
die einem Goethe natürlich war, ist unmöglich ge-
worden. Slevogt entschied sich resolut und ver-
zichtete mit Takt und gesundem Instinkte darauf,
dasHistorische,Topographische zu veranschaulichen.
Darin liegt ebensoviel Selbstbewusstsein wie Be-

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