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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 15.1917

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Heft 9
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Pauli, Gustav: Alfred Rethel
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https://doi.org/10.11588/diglit.4744#0435

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ALFRED RETHEL

VON

GUSTAV PAULI

A ls eine verspätete Erinnerungsgabe für einen der
_/~\_ besten deutschen Meister, dessen Geburtstag sich
am fünfzehnten Mai i 9 1 6 zum hundertsten Male
jährte, möge die nachfolgende Betrachtung gelten.
So einheitlich die populäre Vorstellung von
Rethels Kunst, auf einen kleinen Kreis seiner Haupt-
werke gegründet, sich heute darstellt, so wenig ein-
heitlich erscheint uns sein Bild, wenn "wir uns aus
der Gesamtheit seiner Arbeiten und aus den schrift-
lichen Quellen seine Persönlichkeit und ihre künst-
lerische Entwicklung vergegenwärtigen. Ein zier-
licher Jüngling von mädchenhafter Schönheit, das
feingezeichnete Antlitz von Locken umrahmt, so
blickt uns Rethel auf den frühesten Bildnissen an.
So ist er im Herbst des Jahres 1833 mit ein paar
Gefährten den Rhein heraufgezogen, schwärmerisch,
liebenswürdig, überall freundlich begrüsst auf einer
jener festfrohen Wanderfahrten, die mit der „guten
alten" Zeit vergangen zu sein scheinen. Aus dem
artigen Jüngling wurde allmählich ein gesitteter
junger Mann, der im Frack und in weissen Hand-

schuhen Visiten machte, mit Verständnis Konzerte
besuchte und bei würdigen Herren und schönen
Frauen wohlgelitten war. Er sprach mit respekt-
voller Dankbarkeit von einem gealterten Akade-
miker wie Philipp Veit, schwärmte für Raffael und
erteilte seinem jüngeren Bruder, der sich nun auch
der Malerei zugewendet hatte, einige wohl gesetzte
gute Lehren. Das heisst — sehr viel oder sehr
geistreich scheint er nicht gesprochen zu haben,
wenn man aus seinen Briefen zurückschliessen darf.
Doch nichts verzeiht die Gesellschaft so leicht wie
Mangel an Geist — namentlich, wenn ihr dafür als
Ersatz ausser den Vorzügen eines angenehmen
Äussern, auch noch Erfolge geboten werden. Und
Erfolge, klingende Erfolge hatte der junge Rethel
von Anfang an. Mit siebzehn Jahren verkauft er
sein erstes Bild; er verkauft überhaupt alles, wird
in den Kunstvereinen bewundert, von der Kritik
gelobt, von den Buchhändlern als Illustrator begehrt
und sieht sich mit dreiundzwanzig Jahren in der
Lage, seine Familie zu unterstützen.

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