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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 17.1919

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Heft 5
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Scheffler, Karl: Die Kunst und die Revolution
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https://doi.org/10.11588/diglit.4754#0179

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DIE KUNST UND DIE REVOLUTION

VON

KARL SCHEFFLER

Der Krieg hat am Wesen der Kunst nichts ge-
ändert; die Revolution wird es auch nicht
thun. Kräfte, die das Künstlerische umgestalten,
wirken in der Tiefe und haben mit Veränderungen
der Staatsform nur ganz obenhin zu thun. Wenn
sich die Kunst zum Bessern verwandeln soll, so
muss sich erst die Seele der Menschen verändern.
Von einer Wandlung des Menschlichen aber ist
kaum etwas zu spüren. Vielleicht geht in der noch
sehr jungen Jugend etwas Entscheidendes vor;
vielleicht aber trügt auch diese Hoffnung.
Man könnte glauben am Anfang einer neuen
Entwicklung — nicht Höherentwicklung, sondern
Metamorphose — zu stehen, wenn man der heute
ja sehr verbreiteten Meinung ist, der Kapitalismus
sei erledigt und es käme an seiner Stelle eine neue

sozialistische Wirtschafts- und Gesellschaftsform
herauf. Aber diese Meinung erscheint übereilt.
Es ist gewiss, dass der privatwirtschaftliche
Kapitalismus des letzten Jahrhunderts stark ein-
geschränkt wird durch eine Tendenz, die
auf Sozialisierung und Gemeinwirtschaft abzielt;
es wird sich daraus auch eine andere Form des
Reichtums und eine andere Stellung des Reichtums
zur Kunst und zum Künstler ergeben. An einen
grundsätzlichen Wandel, an eine allgemeine Ent-
kapitalisierung — die für den Künstler zuerst
einmal katastrophal wirken würde — ist aber
nicht zu denken. Der Kapitalismus ist viele,
viele Jahrhunderte alt, da kann er nicht von heute
auf morgen abgeschafft werden. Um so weniger,
als nichts da ist, was an seine Stelle treten könnte,

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