wo die Farbigkeit zur Buntheit wird. Doch weiß
Purrmann mit sicherem Gefühl jene Gefahr zu
vermeiden, der ein anderer deutscher Matisse-
schüler verfallen ist: er gerät nie ins Tapeten-
hafte. Weil es das Leben will, will er auch den
Raum. Purrmanns Zeichnung erinnert ein wenig
an Degas und durch diesen hindurch an Ingres.
Er deutet die Erscheinungen am besten, wenn er
andeutet; wenn er, wie in manchem Bildnis,
zeichnend ausführlicher wird, so erinnert er an
beste französische Akademie. Prachtvoll ist
immer die Oberfläche, einerlei ob er nur wie
aquarellierend andeutet, oder ob er seine Bilder
bis zum letzten führt. Das geistreich gefällige und
doch fest gefügte Gewebe von Pinselstrichen er-
innert an das edle Handwerk alter Meister. Kein
anderer deutscher Maler dieser Generation hat so
viel Kultur der Technik; bei keinem andern könnte
man das Bild bis auf einen Quadratdezimeter zu-
decken und mit so viel Sicherheit aus diesem
Stückchen bemalter Leinwand ohne gegenständ-
lichen Sinn schließen, daß man es mit dem Bild eines
Talents und eines bedeutenden Könners zu tun hat.
Die Intelligenz ist beim Künstler in Verruf ge-
kommen. Die jungen deutschen Maler meinen, alles
sei mit dem Wollen und dem Instinkt getan, sie ahnen
nicht die Weisheit der Meister und wissen nicht, wie
genau diese sich Rechenschaft gegeben haben.
Purrmann berichtigt durch seine Art zu arbeiten
diesen wohlfeilen Irrtum. Er weist darauf hin,
daß ein Kunstwerk ein Organismus ist, daß es
Bildgesetze gibt, die nicht ungestraft vernachlässigt
werden und daß sich Gefühl garnicht anders als
durch reine Form ausdrücken läßt. Für Purrmann
ist die Form eine Kraft. Und auf Kräfte allein
kommt es an, sie sind an sich sittlich. Wie
sehr die formenstrenge Arbeitsweise Purrmanns
eine sittliche Tat ist, wird klar, wenn man die
Stellung betrachtet, die dieser Maler in der neuen
deutschen Kunst einnimmt. Es weist sein Stil auf die
wie es scheint allein noch lebendige Bewegungs-
möglichkeit unserer Malerei, und er hat diesen not-
wendigen Formen wandel der Malerei in einer sehr per-
sönlichen Weise zur Schicksalsfrage seines Talents
gemacht. Mit bewunderungswürdiger Folgerichtig-
keit, Gewissenhaftigkeit und Darstellungskraft hat
dieser klügste und — bei sich selbst beginnend — an-
spruchsvollste unserer neueren Maler die Verant-
wortung für die Entwicklung der Malerei auf sich
genommen. Mit Meisterernst gleicht er in der
Stille aus, was die Leichtfertigkeit begabter, doch
niemals ausreifender Lehrlinge verdirbt. Die Ar-
beitsweise ist vorbildlich durch ihre Sachlichkeit;
sie macht es, daß Purrmann, unter hundert falschen
Propheten lebend, wie das Leben gewordene Ge-
wissen der Zeit wirkt.
HANS PURRMANN, LANDSCHAFT
18
Purrmann mit sicherem Gefühl jene Gefahr zu
vermeiden, der ein anderer deutscher Matisse-
schüler verfallen ist: er gerät nie ins Tapeten-
hafte. Weil es das Leben will, will er auch den
Raum. Purrmanns Zeichnung erinnert ein wenig
an Degas und durch diesen hindurch an Ingres.
Er deutet die Erscheinungen am besten, wenn er
andeutet; wenn er, wie in manchem Bildnis,
zeichnend ausführlicher wird, so erinnert er an
beste französische Akademie. Prachtvoll ist
immer die Oberfläche, einerlei ob er nur wie
aquarellierend andeutet, oder ob er seine Bilder
bis zum letzten führt. Das geistreich gefällige und
doch fest gefügte Gewebe von Pinselstrichen er-
innert an das edle Handwerk alter Meister. Kein
anderer deutscher Maler dieser Generation hat so
viel Kultur der Technik; bei keinem andern könnte
man das Bild bis auf einen Quadratdezimeter zu-
decken und mit so viel Sicherheit aus diesem
Stückchen bemalter Leinwand ohne gegenständ-
lichen Sinn schließen, daß man es mit dem Bild eines
Talents und eines bedeutenden Könners zu tun hat.
Die Intelligenz ist beim Künstler in Verruf ge-
kommen. Die jungen deutschen Maler meinen, alles
sei mit dem Wollen und dem Instinkt getan, sie ahnen
nicht die Weisheit der Meister und wissen nicht, wie
genau diese sich Rechenschaft gegeben haben.
Purrmann berichtigt durch seine Art zu arbeiten
diesen wohlfeilen Irrtum. Er weist darauf hin,
daß ein Kunstwerk ein Organismus ist, daß es
Bildgesetze gibt, die nicht ungestraft vernachlässigt
werden und daß sich Gefühl garnicht anders als
durch reine Form ausdrücken läßt. Für Purrmann
ist die Form eine Kraft. Und auf Kräfte allein
kommt es an, sie sind an sich sittlich. Wie
sehr die formenstrenge Arbeitsweise Purrmanns
eine sittliche Tat ist, wird klar, wenn man die
Stellung betrachtet, die dieser Maler in der neuen
deutschen Kunst einnimmt. Es weist sein Stil auf die
wie es scheint allein noch lebendige Bewegungs-
möglichkeit unserer Malerei, und er hat diesen not-
wendigen Formen wandel der Malerei in einer sehr per-
sönlichen Weise zur Schicksalsfrage seines Talents
gemacht. Mit bewunderungswürdiger Folgerichtig-
keit, Gewissenhaftigkeit und Darstellungskraft hat
dieser klügste und — bei sich selbst beginnend — an-
spruchsvollste unserer neueren Maler die Verant-
wortung für die Entwicklung der Malerei auf sich
genommen. Mit Meisterernst gleicht er in der
Stille aus, was die Leichtfertigkeit begabter, doch
niemals ausreifender Lehrlinge verdirbt. Die Ar-
beitsweise ist vorbildlich durch ihre Sachlichkeit;
sie macht es, daß Purrmann, unter hundert falschen
Propheten lebend, wie das Leben gewordene Ge-
wissen der Zeit wirkt.
HANS PURRMANN, LANDSCHAFT
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