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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 19.1921

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Heft 3
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4746#0124

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UNSTAUSSTELLUNGEN

BERLIN

Eine anregende Ausstellung neuer
Graphik war im Graphischen Kabinett
(J. B. Neumann) zu sehen. Fast alle
die Häuptlinge des Expressionismus waren mit gut aus-
gewählten Blättern vertreten.

Merkwürdig ist die Rolle, die Max Beckmann zwischen
ihnen spielt. Er kommt aus einer anderen Zone her. Doch
war vorauszusehen, daß seine bohrende Gedanklichkeit, daß
seine das Ungewöhnliche suchende Unruhe dem Expressio-
nismus verfallen mußte. Es ist ein Klinger-Zug in Beck-

MAX BECKMANN, BILDNIS. RADIERUNG

AUSGESTELLT IM GRAPHISCHEN KABINETT (J. B. NEUMANN), BERLIN

•mann, das Deutsche, als Begrenztheit gemeint, was ihn in
diesen Kreis getrieben hat. Seine Entwürfe heißen: „Die
Ideologen", „Die Familie", „Die Nacht", „Der Hunger",
„Das patriotische Lied" usw. Lauter Abstrakta. Und auch
im einzelnen zwingt er sich zu einer Abstraktion, der das
Beste geopfert werden muß. Eine Bildnisradierung, wie die
hier abgebildete, ziehe ich den symbolischen Kompositionen,
in denen verstimmende Absicht ist, bei weitem vor. Sie
ist ausgezeichnet. Man könnte von Beckmanns Situation
etwas bissig sagen: er hat sich zwischen zwei Stile gesetzt.

Suggestiv wirkt das lithographierte Bildnis der Frau Hermine
Körner von Kokoschka. Eine begabte, freilich etwas corinthisch

anmutende Arbeit. Selbst-
verständlich ist die Sugges
tion beabsichtigt. Kokoschka
läßt sein interessantes Modell
mit runden visionären Augen-
höhlen und einer geistreich
gezogenen Mundlinie gerade-
zu Ausdruck mimen. Er ver-
steht das Mondkälberne, das
oft in den späten Köpfen
Corinths ist, geistreich als
Mittel der Charakterisierung
zu nutzen.

Belebend ist die Virtuosi-
tät der Bildnisradierungen von
Ludwig Meidner. Der Künst-
ler verbessert sich merklich,
seit er davon zurückkommt,
den furiosen Mystiker zu spie-
len, seit seine Verquollen-
heiten sich mehr der Natur
fügen, seit er sich beschränkt,
zu sein, was er ist. Er ist
aber ein Manierist. Der Strich
der Radiernadel wird ihm zur
Arabeske, das Groteske wird
ihm elegant. Er gehört ein
wenig in die Nähe Großmanns.
Wenn sich Objekt und Subjekt
auch ferner so gut vertragen,
wie in diesen neuen Blättern,
wird Meidner als Bildnisgra-
phiker eines Tages Ansehen
genießen.

Heckel wirkt in dieser Um-
gebung reif. Er ist einer der
wenigen, die den „Stil" — mit
dem es jetzt schnell zu Ende
geht — überleben werden, weil
seiner Begabung von Natur
Ausdruckskraft eigen war.

Christian Rohlfs erschien
endlich einmal von seiner vor-

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