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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 19.1921

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Heft 5
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4746#0204

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MAX LIEBERMANN, NETZFLICKERINNEN

UNSTAUSSTELLUNGEN

BERLIN

In der Galerie Ferdinand Möller
hatte Alfred Partikel Bilder aus alter
und neuer Zeit und Richard Scheibe
eine Anzahl von Plastiken ausgestellt. Der Maler und der Bild-
hauer passen gut zueinander. Beider Begabung geht auf
das Zierliche; dabei haben beide aber den Drang, über
ihr Talent hinauszugrübeln. Darum neigen sie gleicher-
maßen zum Manierismus. Sie sind Nachzügler und haben
die heimliche Koketterie der Schweigsamen.

Partikel versteift sich immer mehr darauf, im Atelier
aus dem Kopf zu malen, geschmackvoll, mit süß-bunten
Farben und symbolisch erstarrten Formen landwirtschaft-
liche Erinnerungsidyllen zu dichten und die Bildfläche kon-
struktiv aufzuteilen mit Hilfe eines ziemlich wohlfeilen
Triangularismus. (Da habe ich das Wort für einen neuen
Ismus in die Welt gesetzt.) Die Malweise ist, wahrscheinlich
unbewußt, eine Konzession an den Expressionismus. Die
hübschen und lebendigen Stellen der Bilder sind aber die
auf unmittelbaren Naturanschauungen beruhenden. Das
sollte Partikel zu denken geben. Vor der Natur ist er ein
begabter Maler; im Atelier grüblerisch spielend, ist er nur
ein Illustrator von Ideen.

Scheibe erscheint am glücklichsten in kleinen Tier-

bronzen. In diesen Arbeiten zeigt sich, daß sein Talent
Kultur hat. Doch auch er übersteigert sich, auch er möchte
mehr Phantasie haben als er hat. Das führt ihn zu Ein-
fällen, Stilisierungen und farbigen Pikanterien, die, freilich
immer in einer sozusagen sympathischen Weise, gequält
erscheinen. Eine schöne Arbeit ist das Kind mit dem Vogel.

Bei Friedmann und Weber zeigte Rudolf Bosselt, früher
Mitarbeiter von Peter Behrens in Düsseldorf und dann
Direktor der Kunstgewerbeschule in Magdeburg, nach langer
Zeit eine Anzahl plastischer Arbeiten in Marmor und Bronze.
Bosselt gehört zu den Künstlern mit ausgezeichneter Kunst-
gesinnung, deren Einsicht stärker ist als ihre Gestaltungskraft.
Mit jeder Arbeit ist etwas künstlerisch Gutes gewollt, doch
fehlt das eigentlich belebende Element. Allen Werken ist
etwas idealistisch Akademisches eigen; bei einer gewissen
Unsinnlichkeit und Farblosigkeit des Willens, findet man
Würde des Vortrags. Der moralische Charakter erscheint in
diesem Fall zu unmittelbar mit dem Talent verbunden. So im
Betrachten ertappt man sich dabei, daß man dem Künstler
eine gewisse Liederlichkeit der Instinkte wünscht. Es ver-
dient aber besonderen Hinweis, daß Bosselt einer der wenigen
deutschen Künstler ist, die die Kunst der Plakette vor der
Entartung bewahren.

K. Sch.

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