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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 19.1921

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Heft 7
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4746#0276

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UNSTAUSSTELLUNGEN

BREMEN

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mm

In der Bremer Kunsthalle ist eine
bedeutende Ausstellung von Aquarellen
I MHiliUffli des zwanzigsten Jahrhunderts zur Schau

gestellt, die neben Arbeiten deutscher, einige Blätter französi-
scher Künstler enthält.

Das Aquarell ist die Skizze des Künstlers, der in Farben
denkt, des spezifischen Malers. Es hat die Frische und Un-
mittelbarkeit des ersten malerischen Einfalls. Anmutig, bis-
weilen etwas unvorsichtig folgt es dem Impuls. Seine Tech-
nik, die keine Reue kennt, ist die der jugendlich Mutigen
und der sicheren Meister. Selten das Atelier verlassend,
fehlt ihm die letzte Gestaltung, aber auch die dieser oft
verbundene Härte. Das Aquarell ist ein feiner Maßstab für
die malerische Gesinnung einer Zeit. In ihm zeigt sie sich
rein und ohne Verkleidung.

Die Bremer Ausstellung erweist als erfreuliche Tatsache,
wieviel frische Farbensinnlichkeit heute noch vorhanden ist,
und daß die Tradition guter Malerei keineswegs so unter-
brochen ist wie man oft fürchtet. Die Vertreter des Alten
und des Neuen rücken hier näher zusammen und verlieren
viel von ihrer angenommenen Verschiedenheit.

Sievogts graziöse, blühende Farbenphantasie genießen
wir in einer Reihe von köstlichen Blättern, die berliner Privat-
besitz hergeliehen hat, vielleicht am reinsten in der geist-
sprühenden Speisekarte für d'Andrade. Liebermann ist mit
einem meisterlichen ,,Landhaus" und mehreren Pastellen ver-
treten.

Gemeinsam ist Noldes mit stupendem Können hinge,
worfenen Studien aus seiner Südseezeit, Schmidt-Rottluffs,
zum Teil allerdings schon ein Jahrzehnt zurückliegenden
Arbeiten, ebenso wie den Aquarellen Heckeis. Kirchners und
Otto Langes, daß von einer programmatischen Übersteigerung
oder Primitivität wenig zu spüren ist.

Um zwei bedeutende Aquarelle Vlamincks sind Arbeiten
einiger Künstler gruppiert, die von der Welle des Expressio-
nismus unberührt, die Verbindung mit der Malerei wie sie
Renoir und Cezanne verstanden, aufrecht erhalten. Da ist
Großmann, der in spielender Farbenschönheit, sehr witzig,
höchst ernsthafte Dinge sagt; Pascin verderbt und doch kind-
lich, letzte künstlerische Fragestellungen berührend, der
Schweizer Bangerter mit geistreich gesehenen, duftig-leichten
dabei in Farbe und Form festgefügten Landschaften und
nächtlichen Großstadtszenen, und der ihm verwandte Bremer
H. Roessingh.

Beispiele des französischen Kubismus, leider recht dok-
trinäre, geben Blätter von L^ger und Picasso, von dessen
jetzigem Stil einige Entwürfe zu einem russischen Ballet
einen wenig günstigen Eindruck hervorrufen, erfreulichere
des deutschen Komponisten von Klee.

Das Uberwiegen der politisch-satirischen Tendenz und
ihre abgründige Gesinnung machen bei den Aquarellen von
George Groß die Wertung seiner starken zeichnerischen
Qualitäten schwer. Seine Arbeiten stehen ebenso wie neuere,

farbig interessante Aquarelle Radziwills der valori plastici-
Bewegung nahe.

Plastiken von Kolbe, darunter der herrliche Kopf Graf
Harry Keßlers, eine weibliche Figur von Maillol, Bronzen
von Albiker, Claus und Hüsgen, allerhand schönes Getier
von Gaul und Terrakotten von Engelmann sind zudem in
den Räumen verteilt. von Alten.

LEIPZIG

Bei C. G. Boerner wird in der letzten Aprilwoche der
dritte Teil der Sammlung Paul Davidsohn versteigert, zu-
sammen mit einer Sammlung alter und neuer Handzeich-
nungen und einer Dürer- und Kleinmeister-Sammlung. In
Frankfurt a. M. wird dann am 3. Mai die Sammlung R. Busch,
Mainz, versteigert.

DIE SAMMLUNG SCHMITZ

Dem Aufsatz über die Sammlung Oskar Schmitz (Heft V,
Seite 178 u. ff.) ist die Anmerkung nachzutragen, daß die
Bilder zwar nicht mehr in dem Dresdener Hause vorhanden
sind, daß aber Absicht und Hoffnung besteht, sie dort, zur
Freude aller Kunstfreunde, wieder zu vereinigen.

„FARBE UND MODE"

Am 1. März, dem Tage, wo unsere Delegierten in London
mit den Regierungen der Entente über Deutschlands wirt-
schaftliche Existenz zu verhandeln begonnen haben, ist am
Pariser Platz in Berlin eine Ausstellung eröffnet worden,
die „Farbe und Mode" heißt, und wozu die Akademie der
Künste sich mit dem Verband der Deutschen Modeindustrie
zusammengetan hat. Ausgestellt sind kostspielige Mode-
artikel und Luxuswaren, die nur zum kleinen Teil als Quali-
tätsarbeiten angesprochen werden können, und die es darum
in ihrer Mehrzahl nicht rechtfertigen, daß sie im wesent-
lichen aus Material hergestellt worden sind, das zu hohen
Valutapreisen vom Ausland eingeführt werden mußte. Aus-
gestellt sind ferner zwei Dutzend für diesen besonderen
Zweck in einem Einheitsformat gemalter Bilder bekannter
Berliner Maler, wofür den Künstlern von den ersten Firmen
Kleider, Stoffe, Pelze und — sofern nicht die Frauen der
Künstler als Modelle gedient haben — auch Mannequins
zur Verfügung gestellt worden sind. Die Ausstellungsräume
aber sind mit Buntpapier, Wandmalereien, eingezogenen
Decken, Blumen, grellen Farben und allerhand Kinkerlitzchen
hergerichtet worden, als solle ein Kostümfest gefeiert werden.
Es wird ja auch ein Kostümfest gefeiert. .Sieht man genau
hin, so sieht es freilich etwas plundrig aus. Es fehlt eben
an allen Ecken und Enden in dieser verpoverten Zeit, so
daß es beim besten Willen nicht möglich ist, den Schein des
Reichtums, der Eleganz und des Überflusses zu erzeugen.

Wenn man die Ausstellung verläßt, geniert man sich
ein wenig, darin gewesen zu sein; man kommt sich etwas
albern vor, daß man sich von dem furchtbar geschmack-
vollen Programmheft durch höchst poetisch bezeichnete
Räume hat führen lassen, als da sind: „Chor der Farben",

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