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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 19.1921

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Heft 10
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Ahlers-Hestermann, Friedrich: Von den Wandlungen der neueren Kunst: Malererlebnisse
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https://doi.org/10.11588/diglit.4746#0355

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VON DEN WANDLUNGEN DER NEUEREN KUNST

MALERERLEBNISSE

VON

FRIEDRICH AHLERS-HESTERMANN

Ein kleines Fach des Bücherschrankes, das ein
wenig vernachlässigt und vergessen mit allerlei
Broschüren dalag, gab kürzlich der Erinnerung einen
reichen Stoff. Es waren Kataloge von Kunst-
ausstellungen, im Laufe der Jahre zusammengetragen.
Wortlos, ohne das Pathos des Verteidigers oder An-
klägers, gaben die Reihen der Künstlernamen und
die Illustrationen ein ■— freilich lückenhaftes —
Bild der eiligen und unaufhaltsamen Wellen-
bewegungen des Kunstlebens der letzten zwanzig
Jahre, ließen die Gefühle wieder auftauchen, die
man leidenschaftlich dem Neuen entgegengebracht
hatte und den Nachhall all der Diskussionen, der
Prophezeiungen, die man im Freundeskreis daran
geknüpft hatte. Es ist vielleicht gut und heilsam
für den, der nicht nur blinden Rausch oder Ge-
legenheit zu subjektivster Parteinahme in den Er-
scheinungen des Augenblicks sucht, sich zu ge-
wärtigen, wie oft, wie rasch hintereinander eine
neue Generation, ein neues Ziel, eine neue Formu-

lierung des Kunstwillens auftrat, und wie rasch das
Neue, das Moderne daran veraltete. Und kann so
eine Möglichkeit geben auch für den, in dessen Adern
nicht das kühleBlut teilnahmsloserObjektivität fließt,
zum heutigen Geschehen einen Abstand zu ge-
winnen, aus welchem das Bleibende — nenne man es
Qualität, Schönheit, lebendiger Wert — abzüglich
des Neuheitsreizes dem ruhigeren Blick sich kundtut.

An noch etwas gemahnen diese schmalen Heft-
chen, wenn im Bort darüber die dicken Rücken
der Kunstbücher und Zeitschriften ins Auge fallen.
Wir sind zumal in Deutschland groß darin, Systeme
aufzubauen, unter deren Quadern manch sprießendes
Leben zerdrückt oder verborgen wird, das später
oft die Kraft hat, wachsend die Blöcke zu zer-
sprengen ; wir projizieren die Dinge in einer schönen
Ordnung an die Wolken, aber das ewig Werdende
spottet unserer Abstraktionen.

Die Kunst unserer Tage und ihre Verkünder
fordern laut ein sehr hohes Maß von Begeisterung,

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