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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 19.1921

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Heft 11
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4746#0421
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MAX LIEBERMANN, GEMÜSEHÄNDLERIN

RUDOLF OL

Die deutsche Kunstwissenschaft ist mit dem Tode Rudolf
Oldenbourgs, der am 12. Juni erst vierunddreißigjährig
einem 'schweren Leiden erlag, einer ihrer besten Hoffnungen
beraubt worden. In Oldenbourg waren in seltener Weise, alle
die Eigenschaften vereinigt, die für den Beruf des Kunsthisto-
rikers Voraussetzung sein sollten. Er hatte ein lebhaftes und
warmes Kunstempfinden, eine starke Begeisterungsfähigkeit,
dazu eine scharfe kritische Einsicht, die sein Urteil bestimmte
und ihn vor Verirrungen bewahrte, denen viele heut nur
zu leicht erliegen. Auf dem Gebiet der niederländischen
Malerei des siebzehnten Jahrhunderts hatte er eine ungewöhn-
liche Kennerschaft erworben, und das Handbuch der vlämischen
Malerei, das er für die Berliner Museen geschrieben hat,
kann in vielen Teilen für grundlegend gelten. Die Kunst
des Rubens stand im Mittelpunkt seiner Forschungen. Die
Lebenswärme dieses gesündesten aller Maler erschien
dem von der Krankheit Gezeichneten als die höchste Er-
füllung eigener Sehnsucht, und seine Kraft fühlte er stark
genug, sie an einer der ganz großen Aufgaben der Kunst-
wissenschaft zu erproben. In kleineren Beiträgen umkreiste
er die Gestalt seines Helden, bereicherte und reinigte das

ENBOURG f

Bild seiner Kunst, und die letzten Momente seines Lebens
waren der Arbeit an einer zusammenzufassenden Darstellung
der Persönlichkeit und des Werkes des Rubens gewidmet.
Man muß hoffen, daß das Manuskript genügend gefördert
ist, um zur Veröffentlichung reif zu sein, denn es war be-
stimmt, die erste reife Frucht eines viel zu früh vollendeten
Lebens zu sein. Auch eine andere Arbeit, eine Geschichte
der Münchener Malerei im neunzehnten Jahrhundert, die
im Manuskript schon seit längerer Zeit abgeschlossen liegt,
wird nun hoffentlich wenigstens als nachträgliche Gabe
des Verstorbenen im Druck erscheinen.

Im Vergleich zu dem, was der Lebende noch zu leisten
berufen schien, ist das allerdings einer schwacher Trost.
Unter den jüngeren Museumsbeamten war Oldenbourg, der
an der Münchener Pinakothek seine Lehrzeit verbrachte,
um dann in die Leitung der Berliner Gemäldegalerie ein-
zutreten, eine der stärksten Begabungen. Und darüber
hinaus beklagen alle, die ihm persönlich nahestanden,
den Verlust eines warmherzigen und vornehm empfinden-
den Menschen.

Glaser.

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