Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 20.1922

DOI Heft:
Heft 7
DOI Artikel:
Chronik
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4747#0272

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
erwiese, nur dann in Frage, wenn nachgewiesen werden
kann

a) daß der Beklagte seine Erklärung abgegeben hat in
der Absicht, den Kläger in seinem Ansehen, seinem
Vermögen oder seinem Fortkommen zu schädigen,

oder

b) daß er seine Erklärung in einer gegen die guten
Sitten verstoßenden Form veröffentlicht hat.

REMBRANDT-UNTERSUCHUNGEN

"TAer Direktor des Museums im Haag, Dr. Martin, hatte
^ vor einigen Monaten in einer Kunstzeitschrift einige Rem-
brandts angezweifelt, nämlich „Die Mühle", die früher Lord
Lansdowne gehörte und jetzt in der Sammlung Widener
in Philadelphia ist, den „Bürgermeister Pancras mit seiner
Frau" (Rembrandt und Saskia) im Buckingham-Palace in
London und den „Barmherzigen Samariter" in der Wallace-
Collection in London.

Die Zweifel an der Echtheit der „Mühle" sind nicht
von gestern. Woldemar von Seidlitz, der sehr vorsichtig
war, hat das Bild, zuletzt zur Zeit des Verkaufes nach Ame-
rika, Rembrandt abgesprochen. Gegen den „Bürgermeister
Pancras" hat Bredius starke Bedenken geltend gemacht und
höchstens den Mantel der Frau als eigenhändige Arbeit des
Meisters angesehen. Der „Samariter", der wörtlich genau
mit einer echten Rembrandt-Radierung übereinstimmt, galt
bisher als ziemlich sicher.

Jetzt hat sich ein Chemie-Professor von der Royal
Academy, A. P. Laune, der Sache angenommen. Er hat
kleine Stücke aus dem Samariterbilde, nämlich die Mähne
des Pferdes, in riesiger Vergrößerung scharf Photographien
und die Photographie verglichen mit einem ebenfalls riesig
vergrößerten Detail der Hauptfigur aus dem Bilde der „Ehe-
brecherin vor Christus" in der National Gallery (einem un-
bezweifelten Rembrandt-Original). Der Vergleich der Photo-
graphien hat ihm bewiesen, daß die Pferdemähne auf dem
einen Bilde mit genau den gleichen Pinselstrichen hingesetzt
ist wie der Frauenkörper auf dem andern Bilde.

Die Methode wird immer einfacher und die Bilder
werden immer unechter. Wenn eine Pferdemähne auf
einem Bilde von 1632 genau mit demselben Strich gemalt
ist, wie eine Frauenfigur auf einem Bilde von 1644 und
daraus dann mit absoluter Sicherheit auf die Identität des
Malers geschlossen werden kann, dann ist allerdings die
kunsthistorische, durch Läuterung des Instinkts erworbene
Kennerschaft überflüssig und der Kriminalbeamte in ge-
hobener Stellung wäre bald der einzige Sachverständige.

Die Hilfswissenschaften sollen sich nicht so breit machen.

Am 19. Januar tauchte in London auf einer Auktion bei
Philips Son and Neales in New-Bond-Street, wo alte Möbel
versteigert wurden, ein altes Bild unter dem Titel „Der
Segen an der Landstraße" auf, das vor einer Reihe von
Jahren von einem bekannten Londoner Sammler für 30
Pfund gekauft worden war. Es stellte sich heraus, daß es
sich um eine Replik von Rembrandts „Der Apostel Philippus
tauft den Kämmerer" handelte. Wo sich das Original von
Rembrandt, daß in den Jahren 1628 bis 1630 entstanden
sein muß und damals von J. van Vliet in Radierung ver-

breitet wurde, zur Zeit befindet, und ob es überhaupt noch
existiert, weiß man nicht. Das bekannteste Exemplar ge-
hörte der ehemals großherzoglichen Galerie in Oldenburg,
galt aber als Kopie. Eine andere Kopie befindet sich im
Museum zu Schwerin; im Katalog der Schweriner Samm-
lung ist gesagt, es sei eine Wiederholung nach dem Original
in der Sammlung Tolstoy in Odessa, in die es aus der
alten Sammlung Mocenigo in Venedig gelangt sein soll.

Vielleicht ist das jetzt in London verkaufte Bild, das
für 2100 Guineas (rund zwei Millionen Reichsmark) einem
Herrn F. Sabin zugeschlagen wurde, eine weitere, bisher
unbekannte Kopie oder am Ende identisch mit dem Mo-
cenigo-Tolstoy-Gemälde. Hierüber wird sich die Kunstkritik
zu äußern haben. Vielleicht kommt sie ohne Chemiker
und Kriminalisten zu einem Resultat. E. W.

KRÖN PRINZEN PALAIS

Mein Buch „Berliner Museumskrieg" enthält (S. 103) eine
Mahnung an die Ankaufskommission der Nationalgalerie,
dafür zu sorgen, „daß die Sammlung der französischen Mei-
ster vervollständigt wird. — Hugo von Tschudi ist gegangen,
ehe er diese Aufgabe vollenden konnte. Es fehlen Bilder
von Delacroix, Ingres, Geiricault, Daumier, Corot, Rousseau
und anderen Meistern. — — Das hier Versäumte nachzu-
holen, mit Hilfe derPrivatsammler, ist viel wichtiger---"

und so weiter.

Justi hat in seiner Gegenschrift „Habemus Papam" er-
widert: „Ähnlich steht es mit seiner (Schefflers) Forderung
jetzt Bilder von Delacroix, Ingres, Corot usw. zu kaufen.
Wie unsinnig das ist, wird sich jeder sagen, der auch nur
eine ungefähre Vorstellung von den Preisen der ,Valuta-
Meister' und von den Mitteln der Galerie hat".

Aus dieser Gegenüberstellung wird klar, daß Justi
meine Meinung gefälscht hat, um glauben zu machen, ich
fordere Wahnwitziges, das Wort „kaufen" ist hierfür ent-
scheidend.

Nun teilt die Presse mit, daß die Nationalgalerie zwei
Bilder von Delacroix und Troyon erhalten hat. Sie stammen
aus jener Sammlung van Eghen, die Anlaß zum Sturz Hugo
von Tschudis wurde. Das Bild von Delacroix ist eine
herrliche „Medea". Es ist also plötzlich gelungen durch
Schenkung höchst wertvolle und notwendige Bilder zu er-
halten. Und es wird weiter gelingen von den Sammlern
solche Werke zu erhalten, wenn es Justi nur gelingt sich
mit den Sammlern gut zu stellen, wenn er sich nur dafür
interessieren möchte, was in Berliner Sammlungen moderner
Kunst überhaupt vorhanden ist. Es ist genau das geschehen
was ich forderte: „es ist Versäumtes mit Hilfe der Privat-
sammler nachgeholt". Wozu dann aber die Fälschung mei-
ner Meinung und die öffentliche Versicherung Justis, meine
Forderung sei „unsinnig", wenn die Taten so bald meinen
Worten Recht und Justis Worten Unrecht geben?

Wir wollen ihm jedoch die falsche Geste lassen, wenn
es ihm nur, wie gesagt, gelingt, sich auch die andern Bil-
der der Sammlung van Eghen noch schenken zu lassen.
Und noch anderes von „Valuta-Meistern", das für einen
Museumsleiter zu haben ist, der das Vertrauen der Sammler
zu erwerben weiß. K. Sch.

255
 
Annotationen