Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe (20.1922)

freilich werden, wenn er Ton werte, Tonstufen,
Tonverhältnisse übermitteln soll. Schon die älteren
Meister haben über die vergröbernde Wirkung des
Druckprozesses geklagt. Koehler warnt davor, die
Kunst Juenglings nach den Auflagedrucken zu be-
urteilen und weist auf die von dem Meister selbst
abgezogenen Probedrucke hin.

Vielleicht ist dem reproduzierenden Holzschnitt
noch eine Zukunft beschieden. Vermutlich wird
neben der wörtlichen Übersetzung der photo-
mechanischen Technik die freie Übertragung, die
Paraphrase des urteilenden und wählenden mensch-

lichen Auges zu Ehren kommen. Als Dokument
wird die photographische Nachbildung unentbehr-
lich sein. Ich kann mir aber vorstellen, daß ein
feinfühliger Meister das Wesentliche eines Gemäl-
des, die Konstruktion, die Farbenflächen in ihrem
Verhältnis zueinander nachschaffend, vereinfachend,
auseinanderlegend im Holzschnitt weit eindringlicher
auszuprägen vermag als die Photographie. Er wird
mit Bewußtsein und die Ausdrucksgrenzen seiner
Technik empfindend, Nuancen, Zwischenstufen, Zu-
fälligkeiten, die der photographische Apparat auf-
nimmt und unvollkommen übermittelt, beiseite lassen.