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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 21.1923

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Heft 10
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4655#0314

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GEORG KOLBE, CAPRICCIO

AUSGESTELLT IM KUNSTSALON LUTZ & CO., BERLIN

UNSTAUSSTELLUNGEN

BERLIN

Georg Kolbe hat es vorgezogen in
der Galerie Lutz & Co. eine Kollektiv-
ausstellung zu machen, anstatt seine
neuen Arbeiten in der Akademie zu zeigen. Er hat seine
Plastiken und Zeichnungen dort im Oberlichtraum so wir-
kungsvoll und geistreich aufgestellt, wie nur er es versteht.
(Er wäre der Mann, auch eine größere Anzahl von Skulpturen
so anzuordnen, daß die Aufstellung künstlerisch wirkt.)

Die neuen Arbeiten haben die Vorzüge, woran Kolbe
uns gewöhnt hat. Nicht nur einer unserer besten lebenden
Bildhauer ist Kolbe, sondern auch einer, der sich mit dem
schon Gewonnenen nicht begnügt, der sich lebendig stei-
gert und sich immer neue Aufgaben stellt.

Dieses schöne Fortschreiten spürt man auch vor den
Zeichnungen. Kolbe hat, vom blauen Tintenton zur Sepia
übergehend, sein Spiel der Formen, der Lichter und Schatten
reicher, voller und lebendiger entfaltet. Diese Art mit dem
Pinsel zu zeichnen, halb wie ein das geschlossen Plastische
suchender Bildhauer, halb wie ein freudig dem Reichtum
der Erscheinung hingegebener Maler, stammt von Rodin;
doch hat Kolbe den Zeichenstil des Franzosen, persönlichen
Bedürfnissen unbefangen folgend, in einer Weise ausgebil-

det, die man deutsch nennen könnte. Man spürt vor
jedem Blatt, daß nicht nur studienhalber, sondern auch um
des Zeichnens willen gezeichnet worden ist.

Vor den Plastiken ist es einem, als ständen sie in einer freien
und reinen Geistesluft, die voller Melodien hängt. Kolbes
plastische Kunst ist eine frohe Kunst; es ist ein heiterer
Adel darin, der in einer Zeit verkrampfter Empfindungen
ganz unwahrscheinlich anmutet. Und dann: es ist alles
fertig geworden, nichts ist im Versuch stecken ge
blieben.

Besonders schön ist der in seiner stürmischen Bewegt-
heit frei und mit sieghaftem Glanz leicht dahinschwebende
„Genius" und die große, mit roter Ölfarbe gestrichene, mit
Goldlichtern dekorativ gehöhte Holzskulptur — eine alle-
gorische Darstellung des Zorns. Trotz strengerer Stilisie-
rung und obwohl man leise an Barlach erinnert wird, ist
die persönliche Hand erkennbar geblieben. Schön sind auch
die kleinen Statuetten von kauernden, hockenden, knienden,
stehenden oder schwebenden Frauen und Mädchen. Sie
alle genießen freudig ihr Körpergefühl.

Keine dieser neuen Arbeiten verspricht mehr als sie hält.
Überall fühlt man das Walten einer sicheren, ausgeglichenen
Persönlichkeit, die auf übertriebene Gesten verzichten kann,
weil sie ihres Könnens sicher ist. K. Sch.

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