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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 22.1924

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Heft 7
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Demmler, Theodor: Eine vergessene Kantbüste
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https://doi.org/10.11588/diglit.4654#0201

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EMANUEL BARDOU, BÜSTE EMANUEL KANTS

EINE VERGESSENE KANTBÜSTE

VON

E O D O R DEMMLKR

Immanuel Kant kam in der Abgeschlossenheit seiner Hei-
matstadt Königsberg, die er nie verließ, nicht dazu, einem
großen Künstler als Modell zu dienen. Die Mehrzahl der
Bildnisse, die sich erhalten haben, stammen aus seinem
Greisenalter, weil erst damals sein Ruhm in Deutschland
und darüber hinaus sich verbreitete.

Unter den plastischen Darstellungen wird die 1801 ent-
standene Büste des früh verstorbenen C. F. Hagemann als
Urkunde immer den höchsten Wert behalten, als die ein-
zige, die sicher aus der Anschauung des Lebenden entstan-
den ist. Eine zweite, von J. Mattersdorf, aus dem Jahr 1795,
versucht eine Stilisierung des Kopfes, die im Äußerlichen
stecken bleibt. Feiner und im wesentlichen treffender ist
das Werk von Emanuel Bardou, dem Berliner Meister (1744
bis 1818), das nach langer Vergessenheit jetzt wieder zu-
tage gekommen und 1923 vom Kaiser-Friedrich-Museum er-
worben worden ist. Wer die Büste, die in Marmor aus-
geführt und 1798 datiert ist, bestellt hat, wissen wir nicht.

Sie muß sich lange im Atelier von Rauch befunden haben;
vielleicht hat dieser sie aus Bardous Nachlaß erworben.
Rauch stattete die von Strack erbaute Villa seines Schwieger-
sohnes d'Alton in Halle mit einer Menge von Reliefs und
Modellen aus seiner Werkstatt aus. Für zwei hohe Säulen
im Vorhof des Gartens stiftete er 1844 noch zwei Büsten,
die des Winkelmannschen Fauns und unseren Kant. In
dem stillen Gelehrtenheim, das 1854 in den Besitz des
Historikers Ernst Dümmler überging, stand die Büste, nicht
etwa gänzlich unbekannt — die Rauchbiographie von Eggers
und die Erinnerungen von P.Wolters an Ferdinand Dümmler
erzählen von ihr —, doch immerhin von den Freunden Kants
und von weiteren Kreisen unbeachtet.

Zusammen mit der ersten Medaille des BerlinersAbramson
(1784), die auf ein Tonrelief von R. Collin zurückgeht, bildet
sie ein wichtiges Dokument auf dem Weg der künstlerischen
Verarbeitung des Philosophenkopfes. Der Anblick von vorn
läßt die Züge etwas schlaff und erloschen erscheinen; von

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