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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 22.1924

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Heft 7
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Chronik
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4654#0205

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wie Geschicklichkeit. Daß vieles für Bruno Paul spricht,
ist nicht zu leugnen. Schließlich war er ja auch freier Künstler!
bevor er Architekt wurde. Was gegen ihn spricht, sind die
Erfolge der von ihm geleiteten Kunstgewerbeschule. Diese
Unterrichtsanstalt ist nach außen ja erfolgreich genug ge-
leitet worden, doch ist sie zu sehr auch mit äußerlicher
Wirkungsabsicht geleitet worden. Es wurde zu viel auf
sichtbare Erfolge, auf eine „gute Presse" gesehen. Das
Handwerk, die Kunstindustrie, konnte, trotz blendender
Schülerausstellungen und berühmter Fastnachtsfeste, mit den
Schülern und den —ach!-sich ständig vermehrenden Schüle-
rinnen der Anstalt nie etwas Rechtes beginnen. Bruno Paul
wird sich als Direktor der mächtig erweiterten Akademie
neu einstellen müssen. Der Gedanke des Kultusministeriums
ist gut, er ist einer der besten, die aus diesem Ministerium
hervorgegangen sind. Alles kommt aber darauf an, wie er
verwirklicht wird, wie er in der Zusammenarbeit des Direk-

tors mit den vorläufig noch sehr aufgeregten Lehrern und
Schülern, in der Zusammenarbeit auch mit der Akademie
der Künste, die nun wieder nach langer Zeit als Spiritus
rector des gesamten Berliner Kunstschulwesens erscheint,
und schließlich mit einer neu geplanten beratenden Aufsichts-
behörde in die Tat umgesetzt wird. Dem Grundsätzlichen,
was Max Liebermann über diese Reform d«r Akademie in
der Berliner Presse gesagt hat, kann man ohne Einschränkung
zustimmen; das Entscheidende wird aber die praktische Aus-
führung, wird die Arbeit der nächsten Monate sein. Es scheint
als ob einige verhängnisvolle Formfehler vom Ministerium
gemacht worden sind, daß die Lehrer der Akademie sich ver-
gewaltigt fühlen. Dieses Gefühl sollte man nicht aufkommen
lassen, da die Absicht ja gar nicht dahin geht. Darüber
zu reden wird noch Gelegenheit sein; vorläufig sollte nur
der Plan in seinen Umrissen dargelegt werden.

Karl Scheffler.

UNSTAUSSTELLUNGEN

MÜNCHEN
Die große sorgfältig vorbereitete Aus-
stellung des graphischen Werkes von
Max Liebermann in der modernen
Galerie Thannhauser ist ein noch bedeutenderes Ereignis
als die vorjährige Gemäldeschau. Der Eindruck kann nicht
tiefer und nachhaltiger sein. Hier schweigen alle Bedenken
auch derer, die nicht bedingungslose Bewunderer Lieber-
manns sind. Neben der Meisterlichkeit des Könnens be-
wundert man besonders bei den Kreidezeichnungen die
schöpferische Kraft des Künstlers mehr denn irgend sonst.
Abgesehen davon, daß der greise Liebermann als Zeichner
seine jugendliche Kraft in ganz erstaunlicher Weise doku-
mentiert, labt man sich an der Qualität dieser Blätter, die
nirgends leer wirken, die des Meisters bekannte Beweglich-
keit von der besten Seite zeigen, die stets ausdrucksgesättigt
sind und wahrhaft persönliche Gebilde, eine von Lieber-
mann nicht nur äußerlich geschaute, sondern neu gestaltete
Welt bedeuten. Wirken manche der Federzeichnungen auf
mich zu sehr wie Übertragungen von Bildern in schwarz-
weiß Graphik, so besitzen die Kreidezeichnungen etwas
ganz Ursprüngliches. Liebermann darf hier von sich sagen,
daß er „im Rang der Großen geblieben" ist: diese Blätter
bestehen neben dem allerbesten, was ein Menzel ge-
schaffen hat. A- L- M-

BERLIN

In der Galerie Lutz & Co. hatte Martin Paatz eine
Kollektion neuer Bilder ausgestellt. Er befestigte damit die
gute Meinung, die sein erstes Auftreten erweckt hat; er
muß den wenigen ernsten Malern des Nachwuchses zugezählt
werden. Niveau hat alles. Nur ist noch nicht recht ein Aus-

gleichgefunden zwischen dem Willen zur Wahrheit und der Ab-
sicht zur Wirkung. Es ist in den meisten Bildern ein Schwanken
zwischen Richtigkeit und Effektlust, zwischen der Konstatierung
eines Eindrucks und seiner dekorativen Umschreibung.

Im Nebenraum waren Bilder Oskar Molls vereinigt.
Sympatische Arbeiten, die' den Bildern früherer Jahre vor-
zuziehen sind, weil das raumlos Tapetenhafte überwunden
ist. Molls Malerei ist diskret, reif im Geschmack und in
einem nicht oberflächlichen Sinne kultiviert. Es ist nicht
eben eine starke Kunst; doch ist sie edel durchgebildet,
besonnen und sehr intelligent. Die Hauptwand machte
einen vorzüglichen Eindruck; Moll hat niemals Besseres und
niemals so viel Gutes beieinander in Berlin gezeigt.

Im Euphorien-Verlag waren Gemälde, Aquarelle und
graphische Blätter von Bernhard Kretzschmar ausgestellt.
Die Ausstellung gab von der Arbeitsweise des Künstlers
einen guten Eindruck und zwang zu starker Achtung. Am
stärksten wirkt Kretzschmar als Zeichner und als Radierer.
Er zeichnet streng und verliert sich doch nicht am Detail.
Einige gezeichnete und radierte Landschaften prägten sich
fest ein, weil der Raum lebendig gefühlt, der Gegenstand
in Form verwandelt und ein straffer Rhythmus überzeugend,
ohne Künstlichkeit und Vergewaltigung der Natur erzielt
worden ist. Auch in den Aquarellen ist. manches Gute. Der
Maler verrät am meisten, von wie vielen Seiten er angeregt
worden ist, und daß diese Anregungen noch keineswegs
rein verarbeitet worden sind. Sympatisch ist, wie eine offen-
bar vorhandene Geschicklichkeit zurückgedrängt und einem
Streben nach künstlerischer Sachlichkeit untergeordnet wird.
Fest steht nach dieser Ausstellung, daß Kretzschmar zu den
Ernsthaften unter unsern jüngeren Künstlern gehört, und daß
wir uns mit ihm eingehender noch werden beschäftigen müssen.

K. Sch.

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