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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 22.1924

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Heft 9
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Scheffler, Karl: Renée Sintenis
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https://doi.org/10.11588/diglit.4654#0274

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RENEE SINTENIS, FOHLEN. BRONZE

MIT ERLAUBNIS DER GALERIE A. FLECHTHEIM, BERLIN

RENEE SINTENIS

Erst seit einigen Jahrzehnten tauchen Frauen
als Bildhauerinnen auf. Vorher gab es die
Frau in der Plastik nicht. Solange diese Kunst
noch fest der Baukunst verbunden war, blieb sie
der Frau verschlossen. Die Frau war und ist
der körperlichen Anstrengung nicht gewachsen, die
die Großplastik fordert; sie ist aus äußeren und
inneren Gründen außerstande sich handwerklich
als Steinbildhauer, Holzschnitzer und Bronzegießer
auszubilden. Zutritt hat sie erst erlangt, seit der
Bildhauer kaum noch etwas anderes tut als mo-
dellieren, seit er, zum Schaden seiner Kunst, alles
Handwerkliche immer mehr den Hilfsarbeitern über-
läßt, bis hinab zum Bau der Hilfskonstruktion für
das Tonmodell. Nun wird es der schwächeren
Kraft der Frau möglich, sich zu betätigen. Frei-
lich ist die Frau auch jetzt noch im wesentlichen
auf Kleinplastik angewiesen. Milly Steger, die sich
verwegen und robust an Großplastiken gewagt und

handwerklich mit den Männern konkurriert hat,
ist eine Ausnahme. Im allgemeinen erscheint die
Plastik der Bildhauerin von der Architektur ganz
gelöst; die Frau neigt noch mehr als der Mann
dem Spezialistentum zu, schafft sich ein eigenes
Gebiet und sucht im Engen ihre Erfolge.

Renee Sintenis ist unter diesen Spezialistinnen
die anmutigste und klügste. Die Stärke und Be-
deutung ihrer Arbeiten liegt in einer, wie man an-
nehmen muß, intuitiv gewählten Beschränkung. Sie
modelliert hauptsächlich Tiere und gießt sie in
Bronze. Ihre Plastiken haben ganz kleines Format,
es sind zierliche Dinge, die man in Vitrinen stellt
oder die unter anderen Kunstgegenständen in den
Häusern der Kunstfreunde auf Tisch und Schrank
zu finden sind. Die Lieblingstiere der Künst-
lerin sind Pferde, vor allem Fohlen, sodann Rehe,
Esel,' Zicklein und anderes unschuldiges Hausge-
tier. Die Bronzen erinnern von fern an die Tier-

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