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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 22.1924

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Heft 11
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NEUE BUCHER

Wilhelm Pinder: Die deutsche Plastik des
fünfzehnten Jahrhunderts. KurtWolff Verlag, München
1924.

Das Gebiet gehört zu den jüngsten und schönsten Ent-
deckungen der Kunstgeschichte. Man vergleiche, was noch
Sauerlandts Auswahlband von 1909 in den „Blauen Büchern"
unter deutscher Plastik des fünfzehnten Jahrhunderts ver-
stand. Multscher, Grasser, der Blutenburger, Riemenschneider
und die Nürnberger: damit glaubte man damals noch das
Beste zusammenzuhaben. Dagegen blättere man nun in
dem Tafelband Pinders: welche Fülle von Meisterwerken,
von großen Persönlichkeiten sind in den letzten fünfzehn
Jahren zum Vorschein gekommen oder haben wenigstens
jetzt erst eine Zunge erhalten, da uns die gegenwärtige
Kunstgesinnung diesen Dingen verwandter gestimmt hat!

Pinder, einer der besten Kenner und zugleich begeister-
ter Verkünder dieses wiedergewonnenen Bezirks, schickt
sich soeben an, eine zusammenfassende, wissenschaftlich
fundierte, Darstellung in Burger-Brinckmanns „Handbuch
der Kunstwissenschaft" zu geben. Zuvor aber läßt er diesen
Abbildungsband erscheinen, dessen 105 vorzüglich repro-
duzierte Lichtdrucktafeln zunächst einmal eine Parade des
Allerbesten vorführen. Gerade die peinliche Auswahl —
ganz abgesehen von der Gewissenhaftigkeit der Unter-
schriften und Datierungen — unterscheidet dieses Werk von
den sorglosen Bilderbüchern, wie sie heute zu Dutzenden
auf den Markt geworfen werden. Hier ist jedes Stück auf
seine künstlerische Schwere geprüft und nur die beste je-
weils erreichbare Aufnahme zugelassen worden.

Der vorangestellte Text umfaßt nur etwa zwei Bogen;
da kann man nicht mehr als eine kurze Einführung er-
warten. Und doch ist sie ein echter „Pinder" geworden.
Was die Schriften dieses Forschers so ausgezeichnet macht,
das ist die seltene Vereinigung des Historikers, dem jede Da-
tierung, jeder Einfluß, jede Entwicklungsphase wichtig sind,
dem der kulturhistorische wie der soziologische Hinter-
grund gleichermaßen vertraut sind, mit einer aufs höchste
gesteigerten Empfänglichkeit für die Form, die kein Kunst-

werk beschreibt, ehe sie es nicht erlebt hat. Dazu kommt
eine Fähigkeit, den Charakter einer Landschaft, einer Zeit-
stimmung, ja die individuelle Färbung des Kunstwerks mit
einer überaus beweglichen, sich gleichsam schmeichelnd
anschmiegenden Sprache nicht nur zu schildern, sondern
einfach wiederaufstehen zu lassen, daß man meint, man
könnte das alles greifen, riechen, schmecken. Zudem steht
die deutsche Plastik, wie alle eigengewachsene deutsche
Kunst, dem Charakter des Verfassers im Innersten nahe.
Er reagiert darauf mit einer ähnlichen Wesensverwandtschaft,
mit der etwa Wölfflin der so ganz anders gearteten klas-
sischen Kunst Italiens ein Echo gab. Deutsche Verschnörkelt-
heit und Verspieltheit, die unversehens in mystische Tiefen
hinabreicht; berückende Süße und gleich darauf ein zorniges
Herausstoßen jäher Leidenschaft: das alles spricht ebenso
aus den Abbildungen dieses Bandes wie es aus dem Texte
als eine leisere Begleitmusik erklingt.

Franz Landsberger.

Hermann Phleps, Das ABC der Ornamentik.
Mit 70 Abbildungen nach Handskizzen des Verfassers. Berlin,
Georg Stilke, 1923. 74 S. kl. 8°.

In einer Zeit, die vom Ornament nicht viel wissen
will (das Programm der diesjährigen Werkbundausstellung
verlangt ausdrücklich ornamentlose Gegenstände), erscheint
das Büchlein des Danziger Hochschulprofessors als ein Zei-
chen, daß der Wunsch nicht ausstirbt, die Jugend mit den
Gesetzmäßigkeiten in diesem Bereich der Formenphantasie
vertraut zu machen. Es geschieht ohne dogmatische Starr-
heit, ohne historischen Ballast, auch ohne Originalitätssucht,
klar und anschaulich. Das Notwendigste ist, überlegsam
aus einer Fülle von Stoff und Erfahrung gewählt, auf den
knappsten Ausdruck gebracht. Als erste Einführung in
ornamentale Betätigung ist das Büchelchen mit den in-
struktiven Skizzen sehr geeignet. Auch wen es irgendwo
zum Widerspruch reizt, wird zu eignem Nachdenken an-
geregt.

A. Grisebach.

ZWEIUNDZWANZIGSTER JAHRGANG, ELFTES HEFT. REDAKTIONSSCHLUSS AM 20. JULI, AUSGABE AM 1. AUGUST NEUN-
ZEHNHUNDERTVIERUNDZWANZIG. REDAKTION: KARL SCHEFFLER, BERLIN; VERLAG VON BRUNO CASSIRER, BERLIN
GEDRUCKT IN DER OFFIZIN VON FR. RICHTER, G.M.B.H., LEIPZIG
 
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