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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 22.1924

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Heft 12
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Preetorius, Emil: Illustration
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https://doi.org/10.11588/diglit.4654#0381

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EMIL PREETORIUS, ILLUSTRATION ZU
GERSTÄCKERS „HERRN MALHUBERS
REISEABENTEUER"

VERLAG HANS VON WEBER, MÜNCHEN

ILLUSTRATION

VON

EMIL PREETORIUS

Der Illustration
eines Buches
und der bildneri-
schen Gestaltung
einer Szene liegt im
wesentlichen das
gleiche Problem
zu Grunde. Denn
durch beide, Buch-
wie Bühnenbild, als
sinnenhaften, als Er-
lebnissen des Auges
soll das innere, dra-
matische Erleben er-
gänzt werden, das
der Dichter im Leser oder Schauer erregt. Das Bild
verharrt im Räume, die Dichtung aber verläuft in
der Zeit: es gilt also, zwei völlig heterogene Erlebnis-
arten in einer Weise zusammenzuzwingen, daß die
optische die dramatische steigert. Wohl soll das Auge
von Schauer wie Leser, sammelnd oder erregend,
berührt werden: darf es beim Bühnenbild aber nie
zu selbständiger Funktion erwachen, da sonst der

EMIL PREETORIUS,
ILLUSTRATION

Bann gebrochen würde, in den das Drama zwingen
soll, so beim Buchbild nur auf eine Art, die es mit
der Illusion vom Worte her nicht in unmittelbare
Konkurrenz treten läßt. Denn das Buchbild ver-
wächst ja nicht mit der Dichtung zu einer wirk-
lichen Einheit wie das szenische, sondern nur zu
einer im übertragenen Sinne. Jene besondere Forde-
rung aber an die Illustration kann diese nur da-
durch erfüllen, daß sie ihre bildliche Darstellung
gleichsam weit genug spannt, um die dichterische
samt ihrer Bewegung in sich aufzufangen und so
gefaßt zu reicherer, dichterer Wirkung zu bringen,
um mit ihrer Gleichzeitigkeit und geformten Be-
stimmtheit das Nacheinander und die Weite des
Wortes nicht einzuengen und zu stauen. Und
um diese Spannweite zu gewinnen, gibt es für die
Illustration letzten Endes nur zwei Möglichkeiten:
entweder sie bildet die Dichtung völlig um, spie-
gelt sie in einer weiten Distanz, in einer betonten,
zusammenfassenden Übertragung oder sie folgt
biegsam und treu und mit aller Gegenständlichkeit
dem Texte, deutet aber seine Einzelheiten gerade
nur an, macht mitlaufend ihre zeichnerischen

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