Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

DOI Heft:
Heft 4
DOI Artikel:
Scheffler, Karl: Ferdinand Hodler: Ausstellung bei Paul Cassirer
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0159

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
FERDINAND HODLER, E1GER, MÖNCH UND JUNGFRAU. 1909

FERDINAND HODLER

AUSSTELLUNG BEI PAUL CASSIRER

Auch diese Ausstellung verdient im Einerlei des Ausstel-
- lungsbetriebs hervorgehoben zu werden; sie ermöglichte
es, nachdem längere Zeit ein größerer Überblick nicht ge-
geben worden ist, das Verhältnis zu Hodler nochmals zu
prüfen. Die Sammlung kommt aus Genf; sie enthält vieles
aus Hodlers Nachlaß, umfaßt nicht sowohl große monumen-
tale Bilder als vielmehr Arbeiten kleineren Umfanges und
vor allem selten gesehene Jugendarbeiten. Man kann nicht
sagen, daß die Sammlung programmatisch zusammengestellt
ist, sie soll nichts beweisen, sie wirkt etwas zufällig. Eben
dadurch wird die Wertung aber erleichtert; der Betrachter
bleibt unbefangen.

Der Gesamteindruck war: ein schönes und für unsere
Zeit seltenes Niveau; mit der übertriebenen Schätzung jedoch
ist es endgültig vorüber. Zwei Jahrzehnte lang war Hodler
eine Sensation, eine jener Sensationen, die nur die Idee
hervorruft; jetzt ordnet der Künstler sich ein, er nimmt
einen ehrenvollen aber verhältnismäßig bescheidenen Platz
ein innerhalb der modernen europäischen Kunst. Einen
Platz in der Reihe der Gedankenromantiker, neben den

Deutsch-Römern, neben Puvis de Chavannes, neben den
englischen Präraffaeliten, mit Jugendbeziehungen, vermittelt
von dem Lehrer Barthelemy Menn, zu den französischen
Landschaftern. Das Lebenswerk ist voll hastiger Entwick-
lung; der späte, der bewußt arbeitende Hodler scheint ein
ganz anderer als der Maler der kleinen spanischen Bilder,
als der Maler des „Lesers" oder als der Porträtist Prof.
Youngs. Es scheint nur so. Die Begabung ist hier und
dort gleich bedingt, es ist dieselbe Begabung. Sie ist immer
unsinnlich, ob sie nun malt oder zeichnet, aus dem Ton,
aus einem silbrigen Grau heraus gestaltet oder sich kolo-
ristisch gibt, sie trägt zu allen Zeiten das Gepräge eines
konstruierenden Geistes, dessen etwas kraftstrotzende Vita-
lität nicht mit künstlerischer Sinnlichkeit verwechselt werden
darf. Darum ermüdet Hodlers Kunst. Die Lehre ist nach-
drücklich. Während des ganzen neunzehnten Jahrhunderts
sind Maler mit starkem Willen aufgestanden, die ihre Zeit-
genossen erregt und auf sie wie Revolutionäre gewirkt
haben, die bekämpft wurden und von deren Arbeiten zu-
gleich Bewunderer in den höchsten Tönen sprachen. Corne-

144
 
Annotationen