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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

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Heft 6
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Friedländer, Max J.: Über Privatsammlungen in Amerika
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https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0224

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ÜBER PRIVATSAMMLUNGEN IN AMERIKA

VON

MAX J. FRIED LÄNDER

Jll

1 J,

Einen Monat, nur einen Monat, bin ich drüben
gewesen. Es mag dreist erscheinen, daß ich
Urteile formuliere. Immerhin: der erste Eindruck
bleibt wertvoll. Zuerst tritt das Andersartige und
Besondere scharf hervor; bei längerem Vertraut-
sein und tieferem Eindringen werden die Dinge
verwickelt, vieldeutig und unfaßbar. Was Amerika
betrifft, mag es um so berechtigter sein, dem ersten
Eindrucke zu trauen, als dieses Land — wie sonst
auch immer es beschaffen sein mag — jedenfalls
mehr Größe und Weite als Tiefe aufweist. Eine
mit kluger Tatkraft erbaute Zivilisation ist leichter
zu übersehen als eine langsam erwachsene Kultur.
In Anbetracht der Kunstdinge, der Museen
und Privatsammlungen, meine ich die Hauptzüge
und die entscheidenden Kräfte erkennen zu kön-
nen. Hat sich doch die Entwicklung vor unseren
Augen, in unseren Tagen vollzogen. Man braucht
noch kein alter Mann zu sein, um sagen zu kön-
nen: ich habe diesen Vorgang miterlebt. Und da

drüben alles laut, in voller Öffentlichkeit vor sich
geht, sozusagen im Glashause des indiskreten Zei-
tungswesens, so mag an Tatsachen, Daten und Be-
weggründen nichts Wesentliches verborgen sein.

Amerika ist groß und reich, hat in den letzten
Jahren an Reichtum gewaltig zugenommen. Das
Land, eine enorm ausgedehnte und glänzend pro-
sperierende Kolonie, bar bodenständiger Monumente,
ist von Selbstbewußtsein und optimistischem Ehr-
geiz erfüllt. Der Magnet des Goldes wirkt auf
den Kunstbesitz der alten Welt. Zu erwarten steht,
daß früher oder später der gesamte in Privathän-
den befindliche Bestand an Kunstwerken nach der
anderen Seite ausgewandert sein wird. Der fin-
dige Kunsthandel hat sich auf diese Bewegung
eingestellt. New York ist der Mittelpunkt des
Kunsthandels geworden, wenigstens was den Ver-
kauf betrifft, wenn auch London und Paris als
Stätten des Einkaufs ihre Bedeutung behalten haben.

Die materiellen Voraussetzungen für eine Blüte

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