Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

DOI Heft:
Heft 8
DOI Artikel:
Meier-Graefe, Julius: Eine französische Ausstellung in der Wiener Sezession
DOI Artikel:
Kunstausstellungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0335

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
mit zahlreichen Werken je einen Saal; Cezanne am glück-
lichsten mit der bekannten Landschaft mit der Brücke und
mit dem besten Selbstbildnis; Renoir mit der berühmten
„Loge" von Durand-Ruel und weniger berühmten, dafür noch
hinreißenderen figürlichen Darstellungen der besten Zeit, die
von Moll mit Recht als die beste demonstriert wird. Daneben,
auch stark betont, Vincent van Gogh mit den Trinkern
nach Daumier, einem Hauptwerk, und zwei Provencer Ebenen,
von denen die eine Graf Keßler gehört. Gauguin weniger
bedeutend, aber angemessen. Ebenso Degas und Lautrec.
Degas auch mit seinen hinterlassenen Kleinplastiken, die
Höbrard gegossen hat. Die Parallelbewcgung in der Skulptur
wird im übrigen mit ein paar Stücken von Carpeaux, Rodin,
Maillol und der großen Frauengestalt von Renoir angedeutet.
Der Verein der Wiener Museunisfreunde hat mit dieser
Ausstellung unversehens, sozusagen im Schlafe, die Bedeu-
tung einer europäischen Institution erlangt und ist auf dem
besten Wege, ein kontinentales Pendant zu dem Burlington
Art Club zu werden. Ein Moll kann auch in einem un-
dankbaren Milieu viel erreichen. Die Bemühungen Haber-

ditzls, des rastlosen Leiters der österreichischen Galerie,
werden so auf die denkbar vornehmste und nachdrücklichste
Weise unterstützt, und das führt hoffentlich zu einer Reini-
gung und Erhöhung der noch arg östlichen Kunst-Dialektik
Wiens, einer Stadt, die heute mehr als je auf ihre Rolle in
musischen Dingen angewiesen scheint.

Als nächstes Objekt hat der Verein die deutsche Malerei
des neunzehnten Jahrhunderts ins Auge gefaßt. Keiner ist
besser als Moll für die Regie dieses Stückes geeignet. Es
fra°t sich, ob das Reich und die Beherrscher der öffent-
lichen Galerien, ohne die sich das Projekt im Sinne Molls
nicht ausführen ließe, das deutsche Interesse an dieser Aus-
stellung — es hat sich, seit die Franzosen hier waren,
verdoppelt — begreifen werden. Bei der dezentralisierten
Verteilung des Kunstbesitzes bei uns, könnte die deutsche
Ausstellung nicht nur gleichwertig, sondern noch wesent-
lich besser werden. Man braucht nur die entscheidenden
Werke unserer Führer herzugeben. Moll weiß auch bei uns
gut Bescheid.

Jul. Meier-Graefe.

UNSTAUSSTELLUNGEN

BERLIN
DieBerlinerSezession hat durch die
Auflösung der Freien Sezession inso-
fern gewonnen, als sie eine Anzahl von
deren Mitgliedern zu sich herüberziehen
konnte. Die Ausstellungen werden dadurch etwas lebendiger
und mannigfaltiger. Die Ausstellung dieses Frühlings gab
mehr Anregung als man sonst in den allzukleinen Ausstel-
lungsräumen am Kurfürstendamm davonträgt. Trotz der ziem-
lich barbarischen Art, die Kunstwerke zu hängen. Corinths
Aquarelle imponierten als Gruppe mehr als im einzelnen.
Signac erschien mit seinen Landschaftsaquarellen als ein
edles, aber etwas dünnes Talent. Heckendorff verstand den
Eindruck einer südlich romantischen Bläue zu
geben. Sein alter Genosse Waske lernt es
immer besser zu kasschieren, was alles er
nicht gelernt hat. Batö zeigt eine etwas un-
persönliche, sonst aber sympathische Energie
des Sehens. Paul Paeschke, der auch nebenan
in der Galerie Casper ausgestellt hatte, bildet
sich immer mehr zum virtuosen Reisemaler
mit spritziger Pastelltechnik aus. Ury figu-
rierte wieder als „Altmeister". Wenn er nur
nicht von jeher seiner schönen Begabung zu-
gemutet hätte, den Effekt zu suchen! Jaeckels
zeichnende Kunst schmeckt immer noch nach
dem Aktsaal; Dix wird immer schlechter, oder
er erscheint doch so, nachdem die erste Über-
raschung vorüber ist. Röhrichts Landschafts-
blätter wirkten in dieser Umgebung kultiviert.
Bei Finetti, der auch in der Neuen Kunst-
handlung ausgestellt hatte, bleibt alles im
Schmiß stecken. Max Neumann hat ein

schönes Talent, doch hört er stets auf, ohne das Letzte,
Treffende gesagt zu haben. Eine gewisse originelle Energie
ist in den Arbeiten von E. Fritsch. Die Plastik gab zu be-
sonderen Bemerkungen nicht Anlaß.

In der Galerie Carl Nicolai hatten zwei Ostpreußen aus-
gestellt: Julius Freymuth und Ed. Bischoff. Freymuth steht
auf der Linie Rösler-Degner und erweist sich auch hier wie-
der als ein ernster Künstler von Naturgefühl und Geschmack.
Es ist sehr merkwürdig: es leben und lebten in Königsberg
eine ganze Reihe frischer und erfreulicher Talente; und doch
will der kleinlichste Akademiestreit dort nie zur Ruhe kom-
men. Kleinstadtgesinnung! Freymuth ist davon in seiner
Malerei aber nicht angekränkelt. Bischoff ist auch begabt,

WILHELM WAGNER, PETERSDORF IN DER MARK. 1924

320
 
Annotationen