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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

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Heft 11
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Auktionsnachrichten
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0469

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Mode gewesen, noch bis vor zehn Jahren. Anno 1918 auf
der Auktion Curel brachte die „Lehrerin" 172000 Gold-
franken, der höchste Preis, der jemals für ein Bild dieses
Meisters bezahlt wurde; das „Kartenspiel" hatte im Jahre
1898 rund i3 000frcs. gekostet, genau so viel wie im Jahre
1892 der „Schulknabe". Vorher war Chardin sehr billig
gewesen und Renoir hielt ihn, in seinen alten Tagen noch,
für einen ziemlich langweiligen Maler. Figurenbilder von
Chardin besaß Michel Ls5vy nicht, nur Stilleben, und diese
können, man braucht nur an die Prachtstücke der Karlsruher
Galerie zu denken, sehr schön sein. Die ersten Preise waren
verhältnismäßig hoch. Es brachten: „Das weiße Tischtuch":
202000 frcs., „Die Pflaumen": 220000 frcs., „Die Pfirsiche":
i5iooofrcs., „Der Hase": iooooofrcs., „Der silberne Becher":
136000 frcs. Solche Preise waren aber für das ganze an-
gebotene Dutzend der Stilleben nicht durchzuhalten. Die
letzten Stücke der Reihe konnte man für 30000 und 22000
frcs. bekommen. Für Bilder des neunzehnten Jahrhunderts
war wenig Meinung. Ein „Violinspieler" von Daumier
brachte 13 000 frcs., ein Jongkind 9500 frcs. und ein Figuren-
bild „Sitzendes Mädchen" von Corot 52020 frcs.

Versteigerung der Sammlung Gangnat. Paris,
Hessel, 22. Juni.

Über den Sammler und die Sammlung Gangnat hat Meier-
Graefe in diesen Blättern geschrieben. Die 160 Renoirs
waren, mit ein oder zwei Ausnahmen, alles Bilder der letzten
Epoche, seit 1907. Die Schätzungen waren ziemlich hoch,

sind aber in einigen Fällen weit überholt worden. Das
Hauptstück der Sammlung, die große „Verwundete" von
1909 allerdings war richtig geschätzt auf 500000 frcs. Sie
brachte 505 oco frcs. Die „Frau mit dem Blumenstrauß" auf
iooooofrcs. taxiert, stieg auf 212000 frcs., das „Baby mit
Löffel", Taxat 60000 frcs., i5iooofrcs. Eine große Über-
raschung erlebte man bei den beiden Tänzerinnen (eine mit
Tambourin, die andere mit Kastagnetten). Sie waren das
Stück auf 100000 frcs. geschätzt und brachten jedes 700000
frcs. Ein „Akt in Landschaft" von 1900 brachte 200000 frcs.,
ein „Rosenstilleben vor blauem Vorhang" von 1912 205000
frcs., eins der üblichen Rosenstilleben dagegen „nur" 90000
frcs., also mit den Zuschlägen immerhin 25000 Mark. Die
„Frauen mit den Hüten" 190000 frcs. Das einzige Frühbild,
das Gangnat besaß, das „Ruderboot" vom Jahre 1867, aus
der Zeit der „Grenouilliere" (Slg. Theo Behrens Hamburg),
das Gangnat für 2500 Goldfranken erwarb, erzielte 174000 frcs.

Der Louvre bekam das Brustbild der „Gabrielle mit der
Rose" von den Erben des Sammlers geschenkt. Die 12000
frcs., die er dafür erlegte, sind eine Formalität wegen der
Auktionsabgaben.

Die Cezannes der Auktion ergaben folgende Preise: „Der
große Baum bei Montbriand" (1906 mit 5000 frcs. erworben):
528000 frcs.— Der „Mont Saint-Victoire": 305000 frcs. Das
„Ufer der Oise" 131000 frcs., ein wenig charakteristisches
Bild. Ein Blumenstück, 29:22 cm: 100000 frcs., und ein
Aquarell „Geranien": 46000 frcs. E.W.

CHRONIK

Dem Raphael der Sammlung Hudschinsky ist nunmehr
das Holbeinsche Kinderbild aus dem Provinzial-Museum in
Hannover ins Ausland gefolgt. Es gehörte zu der Samm-
lung des Hauses Cumberland, die, wenig beachtet von der
Öffentlichkeit als sie in Hannover hing, und ohne viel Auf-
sehen zu erregen, als sie vor einigen Monaten aufgelöst
wurde, zu den verschwiegenen aber nicht minder kostbaren
Schätzen zählte, die die ehemals fürstlichen Galerien unseres
Landes sind. Ein beträchtlicher Teil der Sammlung bleibt
in Hannover, die Berliner Galerie hat aus den in den Han-
del gegebenen Stücken ein außerordentlich schönes Bild
M. Schaffners erworben, der englische Prinz Holbeins aber,
das Juwel der Sammlung, ist ins englische Königshaus zu-
rückgegangen, für das er ursprünglich bestimmt war. Man
mag über die Auswanderung deutschen Kunstbesitzes denken
wie man will, man mag die Verbringung deutscher Kunst-
werke ins Ausland sogar für wünschenswert halten, dieses
Kinderbildnis war das repräsentativste und persönlichste aller
Kinderbilder, sein Verlust wird immer eine schmerzliche
Erinnerung an den Zusammenbruch Deutschlands sein. —

Ins Kapitel der Deutschland endgültig verloren gegan-
genen Kunstwerke gehört auch die letzte große Neuerwer-
bung der Londoner National Gallery. Vor kurzem kaufte
sie die „Geburt Christi" des Frühholländers Geertgen Tot
Sintjans aus dem Kunsthandel. Das Bild war eine der Perlen
der kostbaren Sammlung R. von Kauffman, die 1917 in Berlin

versteigert wurde. Es brachte damals ungefähr 225000 Mark
und ist jetzt ähnlich hoch bezahlt worden. Seit der Auf-
lösung der Sammlung Onnes auf Schloß Nyenrode harrte
die köstliche „Heilige Nacht", das erste Nachtbild der Kunst,
eines Käufers. Es ist ein gutes Zeichen für die Bedeutung,
die den Inkunabeln niederländischer Malerei beigelegt wird,
daß die Bewertung des Bildes unverändert geblieben ist.
Berlin braucht um diesen Verlust nicht zu trauern. Es hat
zwei nicht minder kostbare Werke des holländischen Malers
in den letzten zwei Jahrzehnten um ein Zehntel bzw. ein
Fünftel dieser Summe erworben, weil es rechtzeitig zu-
gegriffen hat. —

Ein neuer Vermeer. Ein gut beglaubigtes Bild des
seltenen Malers, das schon vor hundert Jahren unter dem
richtigen Namen ging, als er kaum mehr als der eines
holländischen Malers zweiten Ranges bedeutete, ist in
Colmarer Privatbesitz aufgetaucht, wo es seit Anfang des
vorigen Jahrhunderts hängt. Dargestellt ist ein junges
Mädchen mit einem Rembrandt-Barett, das nach rechts ge-
wendet und voll beleuchtet den Kopf zum Beschauer zu-
rückkehrt. In Anordnung und Haltung gehört das Bild zu
der Gruppe der weiblichen Bruststücke, von denen die herr-
lichen Bilder im Haag und beim Herzog von Arenberg sehr
bekannt sind. Auch die Klöpplerin im Louvre gehört in
diese Reihe. Das Bild scheint alle Eigenschaften eines
großen Meisterwerkes zu haben.

DREIUNDZWANZIGSTER JAHRGANG, ELFTES HEFT. REDAKTIONSSCHLUSS AM 15. JULI. AUSGABE AM 1. AUGUST NEUN-

ZEHNHUNDERTFÜNFUNDZWANZIG. REDAKTION KARL SCHEFFLER, BERLIN; VERLAG VON BRUNO CASSIRER, BERLIN

GEDRUCKT IN DER OFFIZIN VON FR.RICHTER, G. M. B. H., LEIPZIG
 
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