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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

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Heft 2
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Glaser, Curt: Ausstellungen chinesischer Kunst: Paris-Amsterdam-Berlin
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Scheffler, Karl: Impressionisten: bei Paul Cassirer
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0097

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der Kriegs- und Nachkriegsjahre gedrängt worden ist. Durch
die Ausstellung einer Privatsammlung ist versucht worden,
Lücken für eine vorübergehende Zeit wenigstens zu schließen.
Im Eingangsraume hat Dr. Otto Burchard den im Laufe der
letzten Jahre auf Reisen in China zusammengetragenen Be-
sitz vor allem an früher Keramik ausgestellt. So hat man
auch in Berlin jetzt Gelegenheit, die Typen der Töpferkunst
der Tangzeit wie der Hauptwerkstätten der in der alten
Literatur gerühmten Töpfer der Sungzeit an charakteristi-
schen Beispielen kennen zu lernen. Man wird von einer
einzelnen Sammlung weder die Fülle noch die Gewähltheit
einer aus vielen Quellen gespeisten Ausstellung erwarten
dürfen. Aber manches Stück, das hier gezeigt wird, hätte

sich wohl auch in Paris wie in Amsterdam sehen lassen
dürfen. Neben der Keramik ist die Kleinkunst in Bronze
mit wenigen, aber mit manchen ausgezeichneten Beispielen
vertreten, und auch die Skulpturen bedeuten eine wesent-
liche Bereicherung der in dieser Richtung noch ergänzungs-
bedürftigen Berliner Sammlung.

Der Plan einer größeren Ausstellung altchinesischer Kunst
in Berlin wäre nach dieser Probe wohl zu erwägen. Der
deutsche Privatbesitz allein wird noch kaum ergiebig genug
sein. Aber es lohnte den Versuch, auch wenn die Schwierig-
keit ausländischer Beteiligung nicht gering ist, denn dem
deutschen Sammlertum täte der neue Antrieb not, der von
einer gut organisierten Ausstellung auszugehen vermag.

IMPRESSIONISTEN

BEI PAUL CASSIRER

Man konnte sich um fünfzehn Jahre zurückträumen, in
jene Zeit, als so schöne Ausstellungen nicht selten waren,
als im Kunstsalon Paul Cassirer oder anderwärts klassische
Meisterwerke der modernen Malerei regelmäßig gezeigt wur-
den. Es sollte mit dieser Ausstellung ein Maßstab gegeben
werden, wie vor dem Krieg in Deutschland gesammelt wor-
den ist; es ist etwas anderes erreicht worden: es ist ein
Maßstab gegeben worden, was gute Malerei ist, ein Maß-
stab, mit dessen Hilfe manche Entartung unserer Tage korri-
giert werden könnte. Dem Kunstsalon Cassirer gebührt für
diese Veranstaltung lebhafter Dank. Der Kunstfreund hatte
Empfindungen wie ein deklassierter Mensch, der endlich ein-
mal wieder in die ihm zukommende Gesellschaftssphäre ge-
langt.

Damit soll nicht gesagt sein, daß die Ausstellung unbe-
dingt in allen Teilen überzeugt hätte. Es gab wahrschein-
lich zwingende Gründe dafür, daß gewisse wichtige Bilder,
die man in deutschem Privatbesitz weiß, nicht zur Stelle
waren. Tatsache ist, daß französische Bilder in Deutsch-
land sogar noch besser gesammelt worden sind, als die
Ausstellung es veranschaulichte. Es waren freilich nur
Meister versammelt; aber auch Meister malen ja nicht immer
Meisterwerke. Zudem wirkten die Bilder nicht wie sie hätten
wirken können, infolge des wesenlosen Wandtons und des
bleichen, ernüchternden Lichts, das im Oberlichtsaal herrscht.

Von den Bildern Manets gaben der „Spargel", der „Flie-
der" und in einigem Abstand auch die „Melone" einen vollen
Begriff von der königlichen Haltung des Riesentalents. Die
„Alabama" hätte man gern vermißt, der „Hafen von Bor-
deaux" hat schöne Stellen, ohne im ganzen aber so zu über-
zeugen, wie Manets Bilder sonst überzeugen. Die „Schlitt-
schuhbahn" ist nicht völlig realisiert, obwohl die Hauptfigur
gemalt ist, als sei sie eine Schwester des jungen Mannes
auf dem herrlichen „Dejeuner". Das unvollendete Bildnis
Albert Wolffs ist glänzend, nur ist etwas Ölfarbenes nicht
überwunden. Der große „Löwenjäger" ist fabelhaft gemalt,

hat jedoch etwas von einem Witz; Tartarin von Tarascon
blickt aus den Zügen Mr. Pertuisets hervor. Das Bildnis
des Advokaten de Jouy ist in seiner daumierhaften Haltung
sehr eindrucksvoll. Es ist blendend gemalt, wenn es auch
nicht ganz die Tiefe jener Männerbildnisse von Manet hat,
in denen der ganze Cezanne schon enthalten ist, und da-
neben ein Gleichgewicht, das Cezanne in diesem Maße nie
ganz erreicht hat.

So viele gute Bilder von Cezanne, wie in dieser Aus-
stellung, wird man, selbst in Paris, selten beisammen sehen.
Das schönste war der „Mann mit den untergeschlagenen
Armen", das „Brot", das dünn und blond gemalte Bildnis
der Gattin, das Apfelstilleben und eine Landschaft „Sommer-
morgen". Degas erschien in der Ausstellung etwas ver-
nachlässigt; und auch Monet blieb zu sehr im Hintergrund,
was leicht geschehen kann, da den guten Bildern des frühen
Mannesalters viele mäßige der letzten Jahrzehnte gegenüber-
stehen. Pissarro und Sisley waren ihrem Range entspre-
chend nicht genügend vertreten. Um so stärker wirkten
einige Hauptwerke von Renoir. Die große „Badende" von
1870 weist in der lebendigsten und unbefangensten Weise
auf die Courbettradition; und in dem großen Bild „Vor
dem Konservatorium" sind eigentlich alle Vorzüge des hin-
reißend liebenswürdigen und dabei geistvoll ergründenden
Talents wie in einer Essenz enthalten. Ersten Ranges ist
auch das Pastell der „Dame mit dem Schleier". Bedeutend
waren die Bilder Daumiers (der eigentlich den Impressio-
nisten nicht zuzuzählen ist). Die „Unterhaltung im Atelier"
gibt auf kleinem Raum Formen von innerer Größe. Von van
Gogh war eine „Arlesierin" ausgestellt, ein sehr ausdrucks-
volles Bild, das jedoch aus jeder Reihe von Meisterwerken der
Malerei herausfallen wird; es verliert bei längerer Betrach-
tung in dem Maße, wie es zuerst schlagend wirkt. Gut
ausgewählt waren die Bilder Lautrecs. Doch schwebt über
allen Bildern Lautrecs ja ein Fragezeichen.

K. Sch.

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