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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

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Heft 2
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0103

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CHRONIK

FALSCHE ORIGINALE UND ECHTE KOPIEN

Von vielen berühmten Bildern gibt es Kopien, und von
Zeit zu Zeit kommt es vor, daß eine solche angeb-
liche Kopie sich als das wirkliche Original erweist. So
ging es mit der Madonna des Bürgermeisters Meyer von
Holbein, die von Generationen in Dresden bewundert
wurde, während sie in Wirklichkeit in Darmstadt hing. Es
hat lange gedauert, bis der Glaube an das Darmstädter Ori-
ginal sich durchsetzte, aber heut ist das Dresdener Bild end-
gültig entthront, und man kann bemerken, daß es anfängt,
auch den Besuchern weniger zu gefallen, seit es seinen Ehren-
platz hat räumen müssen. Jetzt richtet sich der Angriff
gegen eine andere Berühmtheit der Dresdener Galerie, das
Selbstbildnis Rembrandts aus später Zeit, zu dem das Ori-
ginal aus englischem Privatbesitz an den Tag gekommen
ist. Ein einflußreicher Händler, dem das Bild jetzt gehört,
hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, denn es ist immerhin
nicht leicht, ein neues Bild gegen eine alte Galerieberühmt-
heit durchzusetzen. Die Kenner haben ihr Gutachten ge-
geben. Jetzt ist das Bild nach Dresden zum Vergleich ge-
bracht worden, wie einstmals die Darmstädter Madonna,
und Direktor Posse wird auf das Schild seines Bildes
schreiben: Kopie nach Rembrandt.

Vielleicht daß nun, da es in Dresden einmal ans Um-
taufen geht, auch der Schweizer Besitzer des wirklichen

Originals von RafFaels Sixtinischer Madonna sich zu rühren
beginnt und mit seinem Bilde angereist kommt. Er könnte
immerhin durch den Erfolg der Reise einer anderen Raffael-
Madonna ermutigt werden. Hing da im Schlosse zu Putbus
auf Rügen seit langer Zeit die sogenannte Madonna di Gaeta,
die von allerlei in weitesten Kreisen unbekannten Autoritäten
als echter Raffael begutachtet worden ist, und die nur den
einen Schönheitsfehler hat, daß sie der mit Recht berühm-
ten und viel bewunderten Madonna aus dem Hause Alba
in Petersburg bis auf ein paar unbedeutende Abweichungen
gleicht wie ein Ei dem anderen. Besagte Madonna di Gaeta
ist jetzt nach Rom gebracht worden, und dort hat Professor
Federico Hermanin einen langen Aufsatz geschrieben, der
mit vielen Abbildungen in der Zeitschrift für bildende Kunst
veröffentlicht worden ist. Hermanin „beweist", daß beide
Bilder von Raffael sind. Die Petersburger brauchen also
ihr Schild nicht zu ändern, und wer es glaubt, der kann
nun auch die GaC-ta-Madonna für ein Original von Raffael
halten. Aber Lippmann, der einstige Direktor des Berliner
Kupferstichkabinetts, war ein kluger Mann, er sagte: Kinder,
wenn ihr was beweisen wollt, bildets nicht ab. — Übrigens
spukt noch ein echtes Raffael-Original augenblicklich in
Rußland. Es ist im Ural aufgetaucht und soll das ver-
lorene Urbild der Madonna von Loreto sein. Es wird so-

PAUL H. BARTH, RUHENDE

AUSGESTELLT IN DER SCHWEIZER KUNSTAUSSTELLUNG, KARLSRUHE

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