Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

DOI Heft:
Heft 3
DOI Artikel:
Chronik
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0142

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
CHRONIK

„National wertvolle Kunstwerke". Zu dem Ver-
zeichnis, das als Anlage der Verordnung über die Ausfuhr
von Kunstwerken im Jahre 1919 erschienen ist und in ein-
geweihten Kreisen bedenkliches Kopfschütteln erregt hat,
ist vor Jahresfrist ein Nachtrag veröffentlicht worden, der
nicht minder verfehlt in der Anlage und angreifbar im In-
halt ist. Es ist ein wahres Kunststück, in diesem Ver-
zeichnis, das Gegenstände der gleichen Kunstgattung an den
verschiedensten Stellen, etwa unter Holzfigur oder Heiliger
oder Georg verzeichnet, ein Objekt ausfindig zu machen.
Den Händlern scheint es immerhin dazu gedient zu haben,
wertvolle Kunstwerke aufzuspüren, und es scheint aucli
nicht allzu schwer zu sein, die Ausfuhrerlaubnis zu erwirken.
So ist schon manches kostbare Stück von der Liste ver-
schwunden, wie das Rafael-Porträt, das bei Oskar Huld-
schinsky hing, dessen Verlust sich übrigens verschmerzen
läßt. Neuerdings hat sich das schöne weibliche Bildnis des
Rogier van der Weyden aus Dessau auf die Wanderschaft
begeben und ist zunächst bei Duveen gelandet. Wie es
das Visum für den Grenzübertritt bekam, bleibt das Geheim-
nis der beteiligten Kunsthändler, die ihren offenbar sicher
wirkenden Trick allerdings kaum preisgeben werden. Die
Leser dieser Zeitschrift wird es interessieren, welche Ge-
mälde der französischen Impressionisten dem Gesetzgeber
und seinen Beratern „national wertvoll" erschienen, und
wie der Kunsthandel auf diese Bezeichnung reagiert hat.
Von Cezanne stehen auf der Liste das „Geborstene Haus"
bei Rothermundt und „Selbstbildnis und Landschaft D(5-
chargeurs" bei Behrens in Hamburg: beide verkauft, ferner
zwei Bilder bei Reber, die mit der ganzen Sammlung längst
aus Deutschland ausgewandert sind. Der Nachtrag hat da-
für ein Selbstbildnis und eine Landschaft aufgenommen, die
keineswegs die bedeutendsten Stücke in deutschem Privat-
besitz sind. Von Manet findet man fünf Nummern. Das
Damenporträt bei Rothermundt und die Nana bei Behrens
sind inzwischen in die Museen von Dresden und Hamburg
übergegangen. Der Rest wurde von der Liste gestrichen.
Ebenfalls gestrichen ein Monet. Es bleibt unter gemein-
samer Nummer die Position „Zwei Bilder" in einer bekannten
Berliner Privatsammlung. Von van Gogh stand allein der
Irrenhausgarten bei Behrens in der Liste. Er hängt jetzt
in einer Schweizer Privatsammlung. Wohl zum Ersatz er-
scheint im Nachtrag ein Blumenstück. Jeder Kenner wüßte
ohne Schwierigkeit ein Dutzend wichtigerer Bilder zu nen-
nen. Von Daumier findet man zwei Bilder in einer sehr
unbekannten Privatsammlung, auf deren Entdeckung die Ver-
fasser der Liste offenbar besonders stolz waren: ein Bild ist
wieder gestrichen, und ein Wagon de troisieme classe,
der nicht zu den guten Stücken der Sammlung Rothermundt
zählte, ist ebenfalls verkauft.

Nach diesen Stichproben kommt man zu der Schluß-
folgerung, daß es in der Tat der Erfolg der Liste ist, den
Verkauf ins Ausland zu fördern. Und unter dieser Voraus-
setzung kann man es billigen, daß neuerdings zwei Bilder
von Liebermann, eine Kleinkinderschule und Mutter und
Kind von 1878 in das Verzeichnis aufgenommen worden

sind. Uns will es nämlich scheinen, als sei es durchaus
erwünscht, daß einige Werke unserer bedeutenden Maler
in ausländische Sammlungen gelangen und dort für deutsche
Kunst zeugen. Die Gefahr der Abwanderung ist leider so
gering, daß es, um sie zu verhindern, noch keiner Verord-
nung bedarf.

KUNST IN AMERIKA
Ein Tempel. Die Stadt Nashville im Staate Tennessee,
die sich das „Athen des Südens" nennen läßt, ist auf den
sinnreichen Gedanken gekommen, den Parthenon in ihrer
Mitte neu zu errichten. Zum ersten Male war der Plan im
Jahre 1897 gelegentlich der Jahrhundert-Ausstellung verwirk-
licht worden. Aber der aus vergänglichem Material er-
richtete Bau verfiel allmählich. So ist man jetzt daran ge-
gangen — da Marmor zu teuer ist — einen Parthenon aus
Zement aufzubauen. Der Außenbau ist wirklich fertiggestellt
worden. Jetzt hofft man, das Geld zusammenzubringen, um
das Innere ebenfalls auszubauen mitsamt dem Gold-Elfen-
bein-Bild der Athena von Phidias, das vermutlich aus Blech
und Zelluloid geformt werden wird. Man sieht, Amerika
ist doch noch immer das Land der unbegrenzten Möglich-
keiten.

Ein Museum. Das Art-Institute in Chicago gibt einen
umfänglichen Führer seiner Gemäldesammlung heraus. Darin
ist die deutsche Kunst repräsentiert durch vier Bilder von
Cranach, Amberger, Junghanns und Leo Putz. Ausgestellt
sind weitere fünf Bilder von Ciarenbach. Jettel, Knaus,
Schreyer und Zimmermann. Allerdings geht es Italien nicht
viel besser. Der Führer weist folgende Namen auf: Palma
Vecchio, Domenico Brusasorci und Paolo Michetti. — Kom-
mentar überflüssig.

Ein Mäzen. John D. Rockfeiler jr. ist augenblicklich
der Mann der Rekordziffern. Er hat eine Viertelmillion
Dollar für zwei schwarze Chinavasen bezahlt. Er hat eine
Folge französischer Tapisserien für mehr als eine ganze
Million Dollar gekauft. Dem Metropolitan-Museum schenkte
er das ganze gotische Museum des Herrn George Grey
Barnard mitsamt dem mittelalterlichen Klostergebäude, das
der altertumsfreudige Sammler in der City von New York
— im Schalten der Wolkenkratzer — hatte errichten lassen.
Die Stiftung kostete Herrn Rockfeiler 600000 Dollar. Eine
Million Dollar stellte er der französischen Regierung zur Ver-
fügung für die Wiederherstellung der Kathedrale von Reims
und der Gärten von Versailles.

*

Wie dergefundene Wandgemälde von Gauguin.
In einem Wirtshause in Pouldu, das einstmals Frau Marie
Henry gehört hat, mit der Gauguin während seines Auf-
enthaltes in der Bretagne freundschaftliche Beziehungen
pflegte, sind zwei dekorative Gemälde des Künstlers unter
der Wandbespannung gefunden worden. Das eine stellt
eine Hirtin mit einem grauen Hunde in einer Landschaft,
das andere eine Gans dar, beide rahmten ein Mittelbild,
das die Signatur Meyer de Hann trägt. Der jetzige Besitzer
des Hauses hat die Bilder übrigens um 20000 Fr. veräußert.

117
 
Annotationen