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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

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Heft 4
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Hamann, Richard: Deutsche Plastik auf der Jahrtausend-Ausstellung in Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0157

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DEUTSCHE PLASTIK

AUF DER JAHRTAUSEND-AUSSTELLUNG IN KÖLN

VON

RICHARD HAMANN

An die fünfzigtausend Menschen strömten an
Sonntagen in den Messepalast an der Hohen-
zollernbriicke in Köln-Deutz, der die Jahrtausend-
Ausstellung der Rheinlande in seinen Räumen barg.
Das war keine Kunstausstellung, sondern eine Ver-
sinnbildlichung der Schicksale und der Leistungen
deutscher Arbeit am Rhein. Die Kunst bildete darin
nur einen Teil der Leistung. Das Wirtschaftliche,
Politische, Verwaltungstechnische stand daneben.
Aber als ausstellungswürdigster und sinnenfälligster
Gegenstand beherrschte die Kunst das Ganze und
hatte die besten Räume für sich beansprucht. Ein
merkwürdiger Kontrast! In diesen und vor diesen
Hallen wogte die Menge wie bei einem Besuche
Hindenburgs, in Trupps wurden sie von Helfern
— jungen Kunstgelehrten, Gebildeten und hilfs-
bedürftigen Frauen — durch die Säle geschleppt,
und in diesen Räumen waren ausgestellt Werke
deutscher Plastik vorwiegend des Mittelalters, Ge-
räte kirchlicher Kunst, kostbare Miniaturen und
frühe rheinische Malerei, Werke, von denen kaum
eins dem populären Geschmack hätte entsprechen

können, von denen das Schönste, die Schreine mit
ihrem reichen Schatz von Kleinplastik, sich kaum
den Fachleuten sofort erschließen konnte. Woher
dennoch die große Wirkung, die unleugbare Massen-
begeisterung, woher das Gelingen eines solchen
Unternehmens ?

Es wäre falsch, zu verkennen, daß die Aus-
stellung eine nationale, politische Angelegenheit
war, ein Protest und ein Bekenntnis, ein Protest
gegen fremde Bedrückung und Verführung, ein
Bekenntnis zum Eigenen aus der Besinnung auf
die eigene stolze Vergangenheit heraus, durchge-
führt mit einem Schwung sondergleichen und be-
gleitet mit einem Erfolg ohnegleichen, wie ihn
nur Kräfte, die künstlich niedergehalten wurden,
hervorzubringen vermögen. Die Kirchen entleerten
ihre Schätze, die sie Jahre hindurch sorgfältig allen
Blicken entzogen hatten, die Schreine wanderten
aus ihren Verstecken, in denen sie eingemauert
waren, in die Ausstellungshallen, die von lüsternen
Händen und leichtsinnigen Feuerfunken nur durch
einen Stab von geheimen und öffentlichen Schütz-

er
 
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