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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

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Heft 4
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0184

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EUGENE DELACROIX, KÖNIG JOHANN IN DER SCHLACHT BEI POITIERS

AUSGESTELLT IN DER GALERIE MATTIUESEN, BERLIN

CHRONIK

DIE KUNSTPOLITIK DLR STADT BERLIN

l^\ie Deputation für Kunst- und Bildungswesen der Stadt
Berlin hat ein Verzeichnis der in den Jahren 1924—1925
angekauften Kunstwerke anfertigen lassen. Man versteht,
daß sie ein wahres Grausen überkam, als sie einmal zu
sehen bekam, was sie angerichtet hat, und man möchte nur
wünschen, sie hätte sich entschlossen, den ganzen Kramladen,
den sie da zusammengekauft hat, öffentlich auszustellen, da-
mit endlich einmal alle Welt sich davon überzeugen kann,
in wie sinnloser Weise die Mittel, die von der Stadt Berlin
unter dem Titel „öffentliche Kunstpflege" verausgabt werden,
zum Fenster hinausgeworfen worden sind. Man schüttelt
den Kopf, wenn man dieses Verzeichnis durchsieht. Man
staunt, wie so etwas heutigen Tages in Deutschland, in Berlin
möglich ist. Seit Jahren ist an dieser Stelle immer wieder
darauf hingewiesen worden, wie dringend notwendig eine
gründliche Reform der städischen Kunstpflege ist. Aber
anstatt besser ist es nur immer schlimmer geworden, und
je mehr Geldmittel zur Verfügung stehen und verausgabt
werden, um so heilloser entwickeln sich die Zustände.

Einmal gab es eine Gelegenheit. Als Hugo von Tscmidi
die Nationalgalerie verlassen mußte, war die Stadt drauf
und dran, ihn für eine städtische Galerie zu gewinnen. Da-
mals wäre es noch Zeit gewesen. Tschudi würde in wenigen
Jahren einen Grund gelegt haben, auf dem sich hätte weiter
bauen lassen. Die städtischen Behörden aber hatten damals
Angst vor dem Kaiser und so unterblieb die Berufung.

Es muß schon arg geworden sein, wenn den Mitgliedern
der Kunstdeputation selbst Bedenken an ihrer Tätigkeit auf-
steigen. Herr Kimbel fand in einer Stadtverordnetensitzung
am 8. September gute Worte zur Kennzeichnung eines Haupt-
schadens der bisherigen Ankaufspolitik, die Kunstpflege und
Wohltätigkeit nicht genügend auseinanderzuhalten verstanden
hat. Eines oder das andere ist nur möglich. Entweder soll
man notleidende Künstler unterstützen, und zu diesem Thema
machte Herr Kimbel die grundsätzlich sehr richtige Bemer-
kung, daß nicht jeder, der im Adreßbuch als „Künstler" ver-
zeichnet ist, diesen Namen verdient. Talentlosigkeit aber
zu unterstützen, ist das Gegenteil von Kunstpflege. Keine
Wohltätigkeitsaktion darf zu einer Belastung der städtischen
Kunstsammlungen mit nicht museumsreifen Arbeiten führen.
 
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