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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

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Heft 6
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Glaser, Curt: Zwei Wandmalereien von Charles Crodel
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0272

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CHARLES CRODEL, WANDMALEREI FÜR EIN LANDHAUS IN STEUDNITZ

ZWEI WANDMALEREIEN VON CHARLES CRODEL

VON

GURT GLASER

Im Anfang des vorigen Sommers wurde in Berlin
eine Ausstellung bemalter Wohnräume gezeigt.
Der Gedanke war gut, die Durchführung schlecht.
Es befiel den Beschauer eine wahre Angst vor so
viel Malerei, ein Alpdruck, zu denken, daß man
gezwungen sein sollte, in einer Wohnung zu
hausen, die bis in den letzten Winkel geschmückt
ist. Nur zwischen anderen neutralen Räumen
kann man eine Halle, einen Speisesaal, die nicht
zu ständigem Aufenthalt bestimmt sind, mit rei-
cher durchgebildeten Wänden vertragen, vor allem
aber gehört mehr künstlerische Phantasie dazu,
Wände in Bilder aufzulösen, als die Berliner Maler-
meister und ihre Helfer aufzubringen vermochten.
So wirkte die Ausstellung in ihrer Gesamtheit
mehr abschreckend als ermutigend.

Wenn wir hier Teile aus einem Wandfries zei-
gen, den Charles Crodel in einem Landhause in
Steudnitz nicht weit von Jena gemalt hat, so ge-
schieht es, um ein Beispiel zu geben für eine an-
mutige Lösung der in unserer Zeit noch zu selten

gestellten Aufgabe. In einem ovalen Speisesaal ist
über der weißen Vertäfelung ein kirschrotes Band
gezogen, an dem sich allerlei tierische und pflanz-
liche Motive aufreihen. Die architektonische Glie-
derung des Raumes wird durch drei halboval ge-
faßte, bildmäßig ausgestaltete Ausbuchtungen be-
tont, die sich ungezwungen dem Hauptmotiv ein-
gliedern. Mit feinem Takt sind so die Gewichte
verteilt, der Wand gegenüber den Fenstern Nach-
druck verliehen, den Stellen, an denen seitlich die
Türen einschneiden, stärkere Akzente gegeben, und
frei in den Raum gestellte Putten dienen dazu,
diese Hauptformen wieder nach den Seiten auf-
zulockern.

Die Motive der Darstellung ergeben sich un-
gezwungen aus der Bestimmung des Raumes. Eine
Weinlaube inmitten, Ernte und Jagd zu den Seiten,
und allerlei Stilleben und Getier an dem Bande
aufgereiht, der den Raum in seiner Gänze umzieht.
Dazu die Farben sparsam verteilt, so wenig wie
die bildlichen Darstellungen selbst zum eigentlichen

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