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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

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Heft 8
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Waldschmidt, Ernst: Die Neuaufstellung der "Turfanfunde" im Museum für Völkerkunde zu Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0329

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FRAGMENT EINES SEIDENBILDES MIT DER DARSTELLUNG EINES ZOREIGEN

mußten, in Kisten verpackt den weiten Transport
überstanden haben, und nur der fast vollkommenen
atmosphärischen Trockenheit der Takla-Makan-
Wüste und ihrer Randgebiete haben wir die viele
Jahrhunderte lange Konservierung der aus leicht
zerstörbaren Materialien hergestellten Kunstwerke
zu verdanken.

Die Wüstenei des Tarimbeckens liegt, trostlos
und unfruchtbar sich weithin ausdehnend, zwischen
Tibet-Indien im Süden, Persien im Westen, China
im Osten und den völkergebärenden Steppen Süd-
sibiriens und der Mongolei im Norden und Nord-
osten. Am Fuße der dies unwirtliche Land um-
rahmenden Gebirge aber, des Tien-schan im Nor-
den und des Kun-lun im Süden, im Bereich der
wasserspendenden Flüsse, haben sich, ehemals
durch reiche Kanalisationsanlagen gefördert, zu-
zeiten mächtige Oasenstaaten entwickeln können,
welche auf eine wechselvolle Geschichte zu-
rückblicken. Im ersten nachchristlichen Jahrtausend

haben vor allem drei alte Kulturgebiete Einfluß
auf sie ausgeübt: Indien, Persien und China. In
großen Zügen läßt sich sagen, daß sich zunächst
ein Strom buddhistischer Propaganda mit seinen
Götterbildern und Kunstformen von Indien bis an
die Grenzen Chinas ergoß. Hier fand er später,
aufgenommen und umgebildet, neue künstlerische
Ausdrucksweisen. Die Zeitspanne des Vorstoßes
der antik beeinflußten indisch-vorderasiatischen
Kunst nach Osten und ihres Ringens um die
Aufnahme in Ostasien, die Assimilierung und Ver-
arbeitung der übernommenen Motive durch die
iranischen, skythischen und türkisch-uigurischen
Völker Ostturkistans rücken unsere Funde näher in
den Umkreis des Erkennens. Eine fast ausschließ-
lich religiöse Kunst tritt uns entgegen. Vorwie-
gend ist sie buddhistisch, da erst im achten bis
neunten Jahrhundert Manichäismus und vielleicht
Nestorianismus im Turfangebiet greifbare Bedeu-
tung erlangen.

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