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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

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Heft 8
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0361

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WILHELM TRUBNER, KLOSTER SEEON

AUSGESTELLT IN DER GALERIE KARL IIABERSTOCK, BERLIN

CHRONIK

Der Umbau des Berliner Opernhauses. Die
Leidensgeschichte des Berliner Opernhauses begann im
Jahre 1910, als zur Umgestaltung des Bühnenhauses der
hohe Schnürbodenaufbau und die seitlichen Anbauten er-
richtet, am Zuschauerhause aus feuerpolizeilichen Gründen
die eisernen Außentreppen angebracht wurden. Man konnte
sich damals trösten, da es hieß, dies alles sei nur ein Pro-
visorium, nach der Vollendung des neuen großen Opern-
hauses an der Stelle des alten Krollschen Theaters solle der
Knobelsdorffsche Bau in seinen ursprünglichen Zustand zu-
rückversetzt werden. Aber nach dem Kriege fiel der Neu-
bauplan, die Krolloper wurde nur umgebaut, und das alte
Opernhaus blieb weiter die „große Oper" Berlins, für die
es im Grunde zu klein war. Das Provisorium wurde ver-
ewigt, und es dient nun zum Ausgangspunkt weiterer An-
bauten, die nicht nur eines der edelsten Denkmäler der
friderizianischen Zeit für immer verunstalten, sondern auch
den schon zur Genüge verschandelten Platz am Opernhause,
der noch vor zwanzig Jahren einer der schönsten Plätze
Berlins gewesen ist, weiter beeinträchtigen werden. Nach
den Plänen des Finanzministeriums wird das Bühnenhaus
jederseits um sechs Meter verbreitert, die Anbauten werden
in voller Höhe emporgeführt, die die Fassadengestaltung
des alten Hauses fortsetzen, und aus dem einstigen langge-

streckten Redoutensaal wird ein Gebäude mit kreuzförmigem
Grundriß, das in dem klotzigen Turmaufbau gipfelt.

War das notwendig? Wären nicht die vier Millionen,
die diese Flickarbeit kosten soll, bei dem Umbau der Kroll-
oper zu einem allen Ansprüchen genügenden großen Opern-
hause besser verwendet worden? Der Knobelsdorffbau hätte
für kleine Spielopern vorbehalten bleiben können wie das
Residenztheater in München, und der Platz am Opernhaus,
der durch den hohen Dachaufbau der alten Bibliothek,
durch die wahrhaft abscheuliche Aufstockung der Dresdener
Bank und durch den Einschnitt des Bahntunnels mit den
zugehörigen „gärtnerischen Anlagen" wahrhaft zur Genüge
verunstaltet ist, hätte nicht durch den neuen Ausbau, der
die Hedwigskirche in den Winkel drückt, endgültig aus der
Form gebracht zu werden brauchen. Als ein kleines Pflaster
auf die Wunde wird eine Umgestaltung des Platzes ver-
sprochen : der Tunnel soll verschwinden, mit ihm die Hecke
und die Baumgruppe hinter dem Denkmal der Kaiserin
Augusta, das vorn an die Straße gerückt werden soll, um
den Platzraum frei zu machen. Aber wenn hier in der Tat
etwas gebessert wird, so ist der Trost gering, denn dem
Knobelsdorffbau ist das Urteil gesprochen. Der Landtag hat
in seltener Einmütigkeit die Pläne des Finanzministeriums
gebilligt — allein die Zentrumspartei lehnte aut den sehr

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